Goldsuche mit sozialistischer Hilfe
50 Jahre deutsch-mongolische Kooperation von Geologen: Chronik erinnert an die Arbeit von DDR-Fachleuten in Fernost
Von Hendrik Lasch, Dresden *
Eine Konferenz in Ulan-Bator würdigt
seit heute die 50-jährige Zusammenarbeit
deutscher und mongolischer
Geologen, die auch eine kürzlich erschienene
Chronik im Detail schildert.
Ein Arzt, der Schatzsuchern hilft,
steht vor großen Herausforderungen.
Das erfuhr der Mediziner
Reiner Schwenke 1972 in der
mongolischen Steppe. Er betreute
DDR-Geologen und Bergleute, die
eine Lagerstätte für Wolframit erkundeten.
Für Weihnachten hatte
der Expeditionsleiter sechs lebende
Schweine gekauft, darunter
einen Eber – unkastriert. Damit
dessen Fleisch genießbar wurde,
musste das geändert werden. Die
Kollegen hielten den Arzt für zuständig
– obwohl er eine »operative
Hodenentfernung« nie gelernt
hatte.
Wie er die Aufgabe meisterte,
erzählt Schwenke im Band »Geologen
und Bergleute in der Mongolei
«, einem 400 Seiten dicken,
mit fast 800 Fotos und Karten ausgestatteten
Buch über Expeditionen,
bei denen DDR-Experten in
dem fernöstlichen Land Lagerstätten
für Gold, Zinkerz und
Wolframit erkundeten. Der 39,99
Euro teure Band berichtet über die
Jahre 1972 bis 1991 und knüpft
an eine erste Publikation über die
Zeit ab 1965 an, die 2005 erschien.
Die 50 Autoren waren als
Geologen, Bergleute, Vermesser
oder Ärzte an den Expeditionen
beteiligt. Sie schildern Lagerstätten
und Probleme und beschreiben
ihr abenteuer- und überraschungsreiches
Leben in der Steppe: Jack London lässt grüßen.
Die Bände berichten über ein
wenig bekanntes Kapitel der Zusammenarbeit
von DDR und Mongolei.
Die gab es auf vielen Gebieten:
Deutsche Fachleute errichteten
in dem asiatischen Land
eine Teppich- und eine Porzellanfabrik,
ein Fleischkombinat und
das Agrarstaatsgut »Ernst Thälmann
«. Zudem bildeten sie Fachkräfte aus.
Das Buch erwähnt all das. Im
Fokus steht die Hilfe bei der Suche
nach Bodenschätzen. Die gibt
es in der Mongolei in großer Vielfalt.
Das Land verfügte aber nicht
über technische und fachliche
Möglichkeiten zu Erkundung und
Abbau. Die Aufgabe übernahmen
laut einer Übereinkunft im Rat für
gegenseitige Wirtschaftshilfe
(RGW) auch Fachleute des DDRKombinates
Geologische Forschung
und Erkundung Halle und
des VEB Schachtbau Nordhausen.
Sie kartierten, sondierten, teuften
Erkundungsschächte und ließen
die Proben daheim untersuchen.
Die Lagerstätten erwiesen sich als
vielversprechend: Allein in Boroo
sollten 40 Tonnen Gold lagern.
Zu einem Abbau kam es nicht
mehr. Zwar begann 1988 die Vorbereitung;
mit dem Ende der DDR
kam aber auch die Zusammenarbeit
zum Erliegen. Im letzten Kapitel
schildern Beteiligte das mangelnde
Interesse in Bundesministerien.
Man sei der Ansicht gewesen,
dass die Rohstoffe auch
andernorts auf dem Weltmarkt
gekauft werden könnten, sagt Joachim
Stübner, organisatorischer
Leiter vieler Expeditionen und jetzt
Mitherausgeber des Bandes.
Einen Sinneswandel gab es in
Berlin erst spät: Bei einem Besuch
von Bundeskanzlerin Angela Merkel
in der Mongolei im Oktober
2011 wurde ein Abkommen über
eine »Rohstoffpartnerschaft« unterzeichnet.
Geplant ist eine Zusammenarbeit
von Firmen bei der
»Erschließung, Gewinnung, Nutzung
und Verarbeitung mineralischer
Rohstoffe«. Die Bundesanstalt
für Geowissenschaften und
Rohstoffe (BGR), Mitveranstalter
der noch bis Mittwoch dauernden
Tagung in Ulan-Bator, verweist auf
ihre »langjährige Kooperation«
mit mongolischen Kollegen.
Bei den ehemaligen DDR-Experten
wird das mit Wohlwollen
gesehen, aber auch mit Resignation:
Schließlich war man in der
Mongolei seither nicht untätig. Die
Lagerstätte Boroo ist mittlerweile
von Kanadiern ausgebeutet; auch
chinesische Firmen seien äußerst
aktiv, sagt Stübner. Die Expertise
der DDR-Fachleute dagegen war
zuletzt kaum mehr gefragt.
Stübner/Sehm/Schirn: »Geologen und Bergleute in der Mongolei«.
Bezug über J. Stübner, Burkersdorfer Weg 12, 01189 Dresden, Telefon 0351/4032498
* Aus: neues deutschland, Montag, 03. Dezember 2012
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