Medwedjew sorgt sich um Moldova
Von Irina Wolkowa, Moskau *
Zum ersten Mal seit acht Jahren brachte Russlands Präsident Dmitri Medwedjew die Präsidenten
Moldovas und der abtrünnigen Dnjestr-Republik am Mittwoch wieder an einen Tisch.
Zu Wladimir Putin hatte Moldovas Präsident Wladimir Woronin ein distanziertes Verhältnis. Dem
unterstellte er Sympathien für die Separatisten in der Dnjestr-Republik – jener vorwiegend von
Slawen bewohnten Region am Ostufer des Dnjestr, die sich 1990 von Moldova mit meist
rumänischsprachiger Bevölkerung lossagte. Anders Dmitri Medwedjew. Der wahrte auch am
Mittwoch in Barwicha bei Moskau gleiche Distanz zu Woronin und Igor Smirnow, dem Chef der
Separatisten-Republik. Vor allem Smirnow drängte der russische Präsident zu mehr Flexibilität bei
Bemühungen um einen Kompromiss zur Beilegung des Konflikts.
Smirnow konnte daher nicht einmal Signale, geschweige denn konkrete Zusagen auf baldige
Anerkennung seiner Republik mit nach Hause nehmen. Obwohl er nach der Anerkennung
Südossetiens und Abchasiens durch Moskau im September damit gerechnet haben mag. Doch
Russland scheint im Streit zwischen der Dnjestr-Republik (Transnistrien) und Moldova eher Woronin
zu unterstützen. Dieser versucht, die Abtrünnigen für eine ähnlich weit gehende Autonomie
innerhalb Moldovas zu begeistern, wie Italien sie seit 1972 Südtirol gewährt. Erst im Dezember hatte
er Smirnow ein neues Paket mit Vorschlägen zukommen lassen. Da Smirnow bisher dankend
ablehnte, ist auch eine Konföderation erneut im Gespräch. Damit aber ist offenbar nicht nur für
Moldova, sondern auch für Russland, von dem die Dnjestr-Republik wirtschaftlich völlig abhängig ist,
die Schmerzgrenze erreicht.
Medwedjew hat für seinen Kurs gleich mehrere gute Gründe: Anfang April wählt Moldova ein neues
Parlament. Das bestimmt auch den Staatschef. Gegenwärtig liegt die Partei der Kommunisten
Moldovas, deren Chef Woronin ist, klar in Führung. Er selbst darf zwar für eine dritte Amtszeit nicht
kandidieren, dürfte aber weiter eine maßgebliche Rolle in der Republik spielen. Und das kann
Moskau nur recht sein.
Woronin betreibt eine neutrale Außenpolitik und lehnt eine NATO-Mitgliedschaft Moldovas
ausdrücklich ab. In überschaubaren Zeit-räumen steht auch die Vereinigung mit Rumänien, zu dem
Moldova westlich des Dnjestr bis 1940 gehörte, nicht auf der Tagesordnung. Neben Rückhalt im
Konflikt mit den Separatisten konnte Woronin daher auch Zusagen über die unentgeltliche Lieferung
von 50 000 Tonnen Treibstoff mit nach Hause nehmen. Sie sollen pünktlich zu Beginn der
Frühjahrsbestellung, der zeitlich mit dem Ende des Wahlkampfes zusammenfällt, an die Bauern
verteilt werden.
Auch will sich Moskau im Konflikt am Dnjestr neue Sporen als ehrlicher Makler und erfolgreicher
Krisenmanager verdienen. Nicht zuletzt um der neuen Regierung in Washington klar zu machen,
dass Russland wieder ein Schwergewicht der internationalen Politik ist. Schon im November drängte
Medwedjew daher die Präsidenten Armeniens und Aserbaidshans, ihre Bemühungen um eine
Beilegung des Konflikts um Berg-Karabach – der von Armeniern bewohnten, aber zu Aserbaidshan
gehörenden Region – zu intensivieren. Formell ist dafür die Minsker Gruppe der OSZE zuständig,
der neben Russland auch Frankreich und die USA angehören.
Ähnlich irritiert wie damals reagierte der Westen auch auf Russlands Alleingang in Sachen Moldova.
Grundlos, wie Woronin fand: Niemand rüttle am bisherigen Verhandlungsformat »Fünf plus zwei«:
OSZE, EU, USA, Russland und die Ukraine sowie Moldova und die Dnjestr-Republik. Manch-mal
aber sei weniger doch mehr.
Aus: Neues Deutschland, 20. März 2009
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