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Schwierige Präsidentenkür links und rechts des Dnjestr

Neuer Versuch in der Republik Moldova / Streit ums Wahlergebnis am Ostufer

Von Detlef D. Pries *

Das Parlament der Republik Moldova unternimmt am heutigen Freitag einen weiteren Versuch, einen Staatspräsidenten zu wählen. Das Amt ist seit mehr als zwei Jahren unbesetzt. Derweil scheint in der abgespaltenen Moldauischen Dnjestr-Republik die Ära des Langzeitpräsidenten Igor Smirnow zu Ende zu gehen.

Einziger Kandidat der Präsidentenwahl in der moldauischen Hauptstadt Chisinau ist Marian Lupu, derzeit Parlamentspräsident und geschäftsführendes Staatsoberhaupt. Lupu hatte sich schon 2009 vergeblich um das höchste Staatsamt beworben. Er braucht die Stimmen von 61 der 100 Parlamentarier. Die regierende Allianz für Europäische Integration - ein Dreiparteienbündnis - ist sich jedoch nur ihrer 59 Mandatsträger sicher. Die oppositionelle Partei der Kommunisten Moldovas (PKRM) hat die Wahl Lupus stets abgelehnt. Dessen Erfolgsaussichten sind allerdings gestiegen, seit drei PKRM-Abgeordnete die Partei verlassen haben. Scheitert der Kandidat dennoch, müsste das Parlament bereits zum dritten Mal seit dem Sommer 2009 vorzeitig aufgelöst werden.

Während der jahrelangen politischen Blockade gab es denn auch kaum Fortschritte auf dem Weg zur Lösung des Konflikts mit der abtrünnigen Dnjestr-Republik. In Chisinau schreibt man die Hauptschuld daran freilich Igor Smirnow zu, der die von keinem anderen Staat anerkannte Republik östlich des Dnjestr faktisch bereits sei 20 Jahren führt. Doch Smirnows Ära scheint zu enden. Am vergangenen Sonntag bewarb sich der 70-Jährige um eine fünfte Amtszeit als Präsident. Nach vorläufigen Angaben landete er in der ersten Runde der allgemeinen Wahlen aber nur auf Platz 3, womit er nicht einmal die Stichwahl erreichen würde. Nachdem 2001 und 2006 noch etwa 82 Prozent der Wähler - in der Mehrzahl ethnische Ukrainer und Russen - für Smirnow gestimmt hatten, waren es diesmal nur knapp 25 Prozent. Vor allem aber habe ihm Moskau Unterstützung entzogen, so die einheimische Presse. Die Stichwahl hätten nach bisherigen Angaben Parlamentspräsident Anatoli Kaminski (61) mit 26,5 Prozent und dessen Vorgänger Jewgeni Schewtschuk (43) mit 38,5 Prozent der Stimmen erreicht. In Moskau setzt man angeblich auf Kaminski, in Chisinau auf den »flexibleren« Schewtschuk. Allerdings hat Smirnow das vorläufige Resultat angefochten, und in Tiraspol wird nicht ausgeschlossen, dass es noch heute annulliert wird.

* Aus: neues deutschland, 16. Dezember 2011


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