Mexiko setzt auf Public-Private-Partnership
Nach zwei Jahren tritt das neue Gesetz zur Zusammenarbeit von privaten Investoren und dem Staat in Kraft
Von Andreas Knobloch, Mexiko-Stadt *
Mexiko setzt zukünftig auf Private-
Public-Partnership (PPP) bei Infrastrukturprojekten.
Das Gesetz war
lange umstritten.
»Damit gewinnen wir alle«, sagt
ein zufriedener mexikanischer
Präsident Felipe Calderón nach
Erlass des Gesetzes zu Private-Public-
Partnerships (la Ley de Asociaciones
Público-Privadas), das
die Möglichkeiten privater Investitionen
in Infrastrukturprojekte
ausweitet. »Man muss an neue
Räume denken, die eine größere
Beteiligung des Privatsektors in
fundamentalen Bereichen der
Wirtschaft erlauben«, gab er auch
gleich einen Blick in die Zukunft.
Das Gesetz war bereits vor
mehr als zwei Jahren eingereicht
worden, in der Folge aber stark
umstritten gewesen. Während die
Regierung es als entscheidend für
ein blühendes und sicheres Mexiko
verkauft, kommt von der Linken
Kritik. Abgeordnete der oppositionellen
Parteien PRD und PT sehen
in dem Gesetz einen weiteren
Schritt, dem Privatsektor eine größere
Beteiligung in Schlüsselbereichen
der Wirtschaft des Landes
zu erlauben. Dem Staat werde die
Verantwortung entzogen, Motor
der Entwicklung zu sein, er werde
zum Manager und Verwalter der
Verträge des Privatsektors degradiert.
Zudem wird befürchtet, dass
das Gesetz nur Auftakt weiterer
Privatisierungen von Schlüsselindustrien
ist. Seit Längerem wird
beispielsweise über eine Öffnung
des staatlichen Erdölkonzerns Pemex
für Privatinvestitionen gestritten.
Die Regierung dagegen verteidigte
das Projekt. Es erlaube mehr
Planungssicherheit für private
Unternehmen, da gerade Infrastrukturprojekte
sich nicht selten
über große Zeiträume erstreckten,
sowie eine bessere Verteilung der
Risiken zwischen öffentlichem und
privatem Sektor. Finanzminister
José Antonio Meade sagte, die bisher
bestehenden Instrumente der
Zusammenarbeit von Staat und
Privaten, um Infrastruktur auszubauen,
zu warten und zu betreiben
sowie öffentliche Dienstleistungen
anzubieten, seien »unflexibel,
wenn es darum geht, Projekte zu
verändern oder Kontroversen beizulegen
«. Durch das neue Schema,
so der Minister, werden neben
mehr Rechtssicherheit für in- und
ausländische Investoren, »Anfechtungen
des Ausschreibungsprozesses
ohne Gehalt vermieden
und so eine schnellere Ausführung
von Infrastrukturprojekten ermöglicht,
die das Land benötigt«.
Das Ministerium erwartet Kosteneinsparungen
bei Projekten von bis
zu 15 Prozent.
Nach dem neuen Gesetz kann
ein privater Investor das Land
kaufen, auf dem gebaut wird. Zudem
wird das Finanzministerium
zur transparenten Veröffentlichung
der Zahlen solcher gemischten
Unternehmungen verpflichtet.
In der Vergangenheit sah
die Zusammenarbeit meist so aus,
dass vor allem Konzessionen und
Genehmigungen erteilt wurden.
Präsident Calderón wies darauf
hin, dass in seiner Amtszeit die Investition
in die Infrastruktur von
drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts
im Jahr 2000 auf über
fünf Prozent gestiegen ist. Damit
belegt Mexiko den Spitzenplatz
unter den OECD-Staaten, die einen
Durchschnittswert von drei Prozent
ausweisen.
Bei genauerem Hinsehen verblasst
der Glanz gewaltig. Calderóns
Wirtschaftspolitik nützt vor
allem der Privatwirtschaft, während
Arbeiter und Gewerkschaftsführer
verfolgt und angegriffen
und ihre sozialen Kämpfe kriminalisiert
werden. Oder wie es der
Politikwissenschaftler Arnaldo
Córdova von der Nationalen Autonomen
Universität von Mexiko in
der Abstimmungsphase des Gesetzes
ausdrückte: Dieses erkenne
nicht die gemeinsame Präsenz von
Staat und Privaten an, sondern sei
der virtuelle Austausch des Staates
durch Letztere, die sich der Ausführung
öffentlicher Arbeiten und
Dienstleistungen annehmen, für
die eigentlich der Staat verantwortlich
wäre. Und der PRD-Senator
Pablo Gómez kommentierte:
»Das ist der gesetzgeberische Versuch,
Korruption zu legalisieren,
und verwandelt den Staat in ein
Instrument zur Förderung privater
Interessen.«
* Aus: neues deutschland, 20. Januar 2012
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