Männer an Kochtöpfen
Chiapas: Rege Teilnahme an "Treffen zapatistischer Frauen mit den Frauen der Welt". Widerstand gegen Machismo, Repression und Kapitalismus angekündigt
Von Luz Kerkeling, La Garrucha *
Gut fünf Reisestunden entfernt von der alten Kolonialstadt San Cristóbal de las Casas, am Rande des Lakandonischen Urwalds, liegt La Garrucha, einer von fünf autonomen Verwaltungssitzen im Gebiet der Rebellen der Zapatistischen Armee zur nationalen Befreiung (EZLN).
Hier kamen vom 29. Dezember bis zum 1. Januar über 5000 Frauen und Männer aus Mexiko und von allen Kontinenten zum »Treffen der zapatistischen Frauen mit den Frauen der Welt« zusammen. Zapatistinnen hatten zu der Konferenz eingeladen, um über ihren Kampf gegen patriarchale Bevormundung im Kontext der Revolte zu diskutieren. Zum stets überfüllten Auditorium hatten nur Frauen Zutritt, die Männer konnten aber von draußen gut zuhören. Wortbeiträge der Männer waren während des Treffens nicht erlaubt. Sie waren für die Betreuung von Essensständen, für die Müllbeseitung und die Beschaffung von Feuerholz zuständig.
Die zapatistischen Funktionsträgerinnen, unter ihnen Mitglieder der Selbstverwaltungsräte, Bildungs- und Gesundheitsbeauftragte sowie Delegierte von Kooperativen, stellten ausführlich ihren Weg als indigene Zapatistinnen, ihre Erfahrungen, Erfolge und Probleme dar. Sie berichteten, vor Beginn des Aufstands der EZLN 1994 seien sie von den Großgrundbesitzern »wie Tiere« behandelt worden. Von der Arbeit nach Hause zurückgekehrt, seien sie auch von den Männern ihrer Familien zur Arbeit gezwungen und erniedrigt worden.
Frauen aus allen fünf Einflußzonen der EZLN erläuterten, wie sie mühevoll und in kleinen Schritten ihre heutige Position in der Bewegung erkämpft haben. Bis 1995 gab es kaum Frauen in der politischen Führung der EZLN. Die Anfang 2006 verstorbene Comandanta Ramona war damals eine der wenigen Aktivistinnen in einer hohen Position. Gemeinsam mit Comandanta Susana und weiteren Frauen besuchte sie die Basisgemeinden und erarbeitete das »revolutionäre Frauengesetz« der EZLN. Es legt unter anderem fest, daß die Frauen ihren Ehemann frei wählen, über die Zahl ihrer Kinder entscheiden und in allen Bereichen der Bewegung mitarbeiten können.
Alle Rednerinnen räumten ein, daß es für Frauen bis heute große Hindernisse inner- und außerhalb der Bewegung gibt, daß aber bereits viel erreicht worden sei. »Heute haben wir verstanden, daß wir bedeutende Subjekte in unserem Kampf sind«, sagte Antonia aus Roberto Barrios. Besonders die jungen Frauen, die bereits die autonomen Schulen besuchen konnten, zeigten sich selbstbewußt. So wurde das Treffen von jungen Foto- und Videoaktivistinnen dokumentiert, und eine Band der »Promotorinnen für sexuelle Gesundheit« forderte in einem selbstkomponierten Song: »Frau, wozu brauchst du einen Mann, der befiehlt und schlägt? Laß die Hausarbeit liegen, fang an zu studieren, wirf die Pfanne weg! Du hast das Recht, glücklich zu sein.«
Via Campesina, ein weltweiter Zusammenschluß von Kleinbauern, hatte Aktivistinnen aus sieben Ländern zu dem Treffen entsandt. Sie berichteten von ihren Kämpfen und erklärten sich mit den Zapatistas solidarisch. Auch lesbische Aktivistinnen und Sexarbeiterinnen aus Mexiko drückten ihre »bedingungslose Solidarität« mit dem Kampf der Zapatistinnen aus und warben gleichzeitig um Respekt für andere Formen des Zusammenlebens.
In der Nacht zum 1. Januar jährte sich zum 14. Mal der bewaffnete Aufstand der EZLN. Comandanta Rosalinda beendete das Treffen. Anfang 1994 habe man begonnen, »die indigenen Rechte zu verteidigen« und auch die revolutionären Frauengesetze verabschiedet, erklärte sie. »Wir sagten ¡Ya Basta! zu Ausbeutung, Erniedrigung und Verfolgung durch die schlechte Regierung und das kapitalistische System.« Heute sei man »auf jedwede Aktion seitens der schlechten Regierung vorbereitet. Wir haben keine Angst, vor niemandem«.
* Aus: junge Welt, 11. Januar 20087
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