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Putschisten in Mali politisch isoliert

Einheitsfront gegen Militärs gebildet, nur die linke Partei SADI unterstützt Amadou Sanogo

Von Claus-Dieter König, Bamako *

Am Jahrestags des Putsches von 1991 ließen sich in Bamako gestern rund 1000 Malier nicht davon abhalten, für eine Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung zu demonstrieren. Freilich richtete sich ihr Begehr gegen die Putschisten vom 22. März 2012, die den Putschführer von 1991, Präsident Amadou Toumani Touré, aus dem Amt beförderten.

Gelegenheit schafft Putschisten. Dieser Eindruck drängt sich dem Beobachter in Mali auf. Eine Meuterei von Soldaten mittlerer und unterer Ränge gegen die Armeeführung, der sie Beteiligung an Drogenhandel und Korruption vorwerfen, war der Ausgangspunkt. Die Rebellion in der Garnisonsstadt Kati wuchs sich am vergangenen Donnerstag bis zur Absetzung von Staatspräsident Amadou Toumani Touré aus. Seine Regierung sei unfähig gewesen, angemessen auf die Rebellion im Norden zu reagieren. Die Armee sei schlecht ausgerüstet und unterversorgt in den Kampf geschickt worden.

Die Militärs unter Führung von Hauptmann Amadou Sanogo versprechen, die Macht nicht dauerhaft behaupten und mit allen politischen und zivilgesellschaftlichen Kräften des Landes Kontakt aufnehmen zu wollen. Ihr Ziel sei, die Rebellion im Norden zu beenden und schnellstmöglich Wahlen zu organisieren.

Der Aufruf zur Zusammenarbeit an Parteien und Zivilgesellschaft wird allerdings weitestgehend abgelehnt. Nur die linke Partei SADI hat den Putsch begrüßt und die Volksbewegung des 22. März aus der Taufe gehoben. Sie hat Kontakt mit den Militärs aufgenommen und erklärt, schon seit Langem den Rücktritt von Präsident Touré gefordert zu haben. Ihr Präsidentschaftskandidat Oumar Mariko sagte Radio France International, er sei bereit, eine von den Militärs eingesetzte Übergangsregierung zu führen.

Auf der Gegenseite stehen die Front für die Verteidigung der Republik und der Demokratie, eine Koalition von 38 Parteien, und eine lange Liste weiterer Organisationen. Die »Einheitsfront für den Schutz der Demokratie und der Republik« (FUDR) ruft die Bevölkerung zum Widerstand gegen die Militärs auf. Auch aus dieser Gruppe gibt es allerdings Zustimmung zum Vorschlag einer Übergangsregierung. Kaum aber ist zu erwarten, dass sie Mariko als Regierungschef akzeptieren.

Im Norden Malis haben die Nationale Bewegung für die Befreiung des Azawad (MNLA) und andere Milizen seit Mitte Januar mehrfach Militärlager überfallen und mehrere Städte unter ihre Kontrolle gebracht. Sie genießen nur geringe Unterstützung in der Bevölkerung. Vielmehr schüchtern sie die Menschen durch ihre Gewalt ein, 200 000 sind bereits geflohen. Diese Milizen wurden gestärkt, als ehemalige malische Tuareg- Soldaten der Gaddafi-Armee aus Libyen bestens bewaffnet ins Land zurückströmten. Sie wollen die Unabhängigkeit. Gold-, Öl- und Uranvorkommen werden im Norden Malis vermutet. Viele sehen Indizien für eine Unterstützung der Rebellion durch Frankreich.

Schon am Tag nach dem Putsch wurden die Folgen der Grenzschließung für Malis Wirtschaft sichtbar. An Grundnahrungsmitteln mangelt es noch nicht, die Menschen beginnen aber, das Wichtigste zu horten. Tankstellen bleiben wie viele Geschäfte aus Angst vor Vandalismus und Plünderungen – meist durch Soldaten – geschlossen. Entsprechend entwickelt sich eine ablehnende Stimmung in der Bevölkerung. Die baldige Rückkehr zum normalen Alltag in Bamako ist notwendig, wenn die Militärregierung die Bevölkerung auf ihre Seite ziehen will.

Die wichtigste Aufgabe jeder Regierung wäre es, für Frieden und Stabilität im Norden des Landes zu sorgen. Ein Konzept dafür haben die Putschisten noch nicht vorgelegt. Sie haben lediglich angedeutet, für Verhandlungen zur Verfügung zu stehen. Momentan aber profitiert die MNLA im Norden von der Schwächung der Armee und geht in die Offensive. Die Stadt Kidal im Nordosten ist von Rebellen belagert. Als Voraussetzung für Verhandlungen betont ein Mitglied des Politbüros der MNLA, Hama Ag Mahmoud, dass die Regierung den Rückhalt der »politischen Klasse« haben und ein Verhandlungsergebnis von den »großen Mächten Europäische Union, USA und Frankreich« garantiert werden müsste. Die »politische Klasse« wie auch die »großen Mächte« aber haben den Putsch verurteilt. Eine schnelle Lösung ist nicht in Sicht.

* Aus: neues deutschland, 27.03.2012

Staatenbund ECOWAS schließt Mali aus

Knapp eine Woche nach dem Militärputsch hat die westafrikanische Staatengemeinschaft ECOWAS Mali ausgeschlossen. Dazu hätten sich die Mitgliedsstaaten in einem Krisentreffen in der ivorischen Metropole Abidjan entschlossen, berichtete BBC am 28. März. Eine Delegation des Bündnisses werde in Kürze nach Mali reisen, um die Putschisten um Hauptmann Amadou Sanogo zur Wiederherstellung der Demokratie aufzufordern.




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