Batang Kali ist unvergessen
Die Angehörigen der Opfer fordern Entschuldigung und Entschädigung
Von Alois Leinweber, Kuala Lumpur *
60 Jahre nach dem Massaker von Batang Kali (Malaysia) am 12. Dezember 1948 übergaben
Vertreter des Aktionskomitees zur Verurteilung des Verbrechens der britischen Botschaft erneut
Forderungen nach ideeller und materieller Wiedergutmachung.
Im Gepäck hatten die Aktivisten auch 500 Unterstützerbriefe verschiedener
Nichtregierungsorganisationen. In der Petition an die britische Botschaft wird eine offizielle
Entschuldigung für den Mord an 24 Plantagenarbeitern gefordert. Zudem sollen 80 Millionen Pfund
an Entschädigungen gezahlt werden, die unter den betroffenen Familien aufgeteilt und für die
Entwicklung kultureller Einrichtungen der Region genutzt werden sollen. Großbritannien soll zudem
ein Mahnmal zum Andenken an die Ermordeten finanzieren.
Das Komitee, in dem Rechtsanwälte und Angehörige von Betroffenen mitarbeiten, hatte bereits im
März dem stellvertretenden Botschafter Patrick Moody einen Brief gleichlautenden Inhalts
übergeben. Ein Besuch im britischen Nationalarchiv hatte Dokumente zu Tage gefördert, die neben
vorliegenden Zeugenaussagen dem Fall vor britischen Gerichten zum Erfolg verhelfen sollen. An
Beweisen, so Rechtsanwalt Leon Lu, sei kein Mangel. Am 20. August hatte das Komitee im Beisein
des malaysischen Transportministers Datuk Ong Tee Keat eine Unterschriftensammlung begonnen.
»Diese Vorfälle sind von der Kolonialverwaltung vertuscht worden. Was diese Menschen wollen, ist
wirkliche historische Wiedergutmachung, denn die Getöteten sind immer als Banditen und
Sympathisanten der Kommunisten bezeichnet worden«, sagte der Minister bei der Einleitung der
Aktion.
Batang Kali liegt etwa eine Stunde Autofahrt nördlich von Kuala Lumpur. Die Opfer des Massakers
waren Plantagenarbeiter, die im von den Briten beschönigend »emergency« genannten
Kolonialkrieg der antikommunistischen Hysterie und Brutalität der Kolonialmacht zum Opfer fielen.
Sie wurden am 12. Dezember 1948 von Soldaten der Scots Guards erschossen.
Versuche, den Fall
aufzuklären, wurden immer wieder abgewehrt. So griff die britische »The People« 1970 den Fall auf.
Die Zeitung legte Erklärungen ehemaliger Scots Guards vor, dass die Patrouille den Auftrag gehabt
habe, das Dorf auszulöschen. Es habe Absprachen gegeben, die folgende Untersuchung zu
sabotieren. Die vom damaligen Verteidigungsminister Dennis Healy (Labour) daraufhin angeordnete
Einsetzung einer Sonderermittlungsgruppe sammelte Beweise und Aussagen, die die Feststellungen
der Zeitung bestätigten.
Die damals neu gewählte konservative Regierung allerdings stoppte die Untersuchung mit dem
Hinweis, es seien keine neuen Hinweise gefunden worden. Damit sei der Fall abzuschließen. Auch
eine Petition an die britische Königin aus dem Jahre 1993 blieb unbeantwortet, eine Strafanzeige
dreier Überlebender des Massakers, in demselben Jahr eingereicht, wurde vier Jahre später von der
malaysischen Polizei wegen unzureichender Beweise eingestellt. Eine ähnliche Auskunft erhielt Lim
Kit Siang, Vorsitzender der DAP, einer Oppositionspartei im malaysischen Parlament, als er 2004
Premier Abdullah Badawi für dessen Staatsbesuch in Großbritannien die Bitte auf den Weg gab, das
Massaker bei seinem Treffen mit Tony Blair zur Sprache zu bringen: Die Akte sei am 30. Dezember
1997 aus Mangel an Beweisen geschlossen worden.
Quek Ngee Meng, Vorsitzende des Komitees, fordert eine öffentliche Untersuchung des Batang-Kali-
Massakers. Eine auf Menschenrechtsfragen spezialisierte Anwaltskanzlei in London hat im Auftrag
von zehn Familien der Opfer Klage vor einem Londoner Gericht eingereicht. Das Komitee hofft nun
auf Spenden, denn die Kosten für die Klage liegen bei über 100 000 Pfund. Es gebe, darauf verwies
ein Sprecher, noch viele ähnliche Vorfälle aus der Zeit des Kolonialkrieges, in denen Menschen von
britischen Soldaten gefoltert oder ermordet worden seien. Deshalb sei die Aufklärung des Batang-
Kali- Massakers so wichtig.
* Aus: Neues Deutschland, 13. Dezember 2008
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