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"Wir konnten die Wirtschaft wieder in die Spur bringen"

Malawis Staatspräsidentin will am 25. Mai trotz eines Korruptionsskandals wiedergewählt werden. Ein Gespräch mit Joyce Hilda Mtila Banda *


Joyce Hilda Mtila Banda (64) ist seit dem 7. April 2012 Staatspräsidentin im südostafrikanischen Malawi.


Wenn Sie sich am 25. Mai in Malawi zur Wahl stellen, sind Sie schon gut zwei Jahre als Staatspräsidentin im Amt. Ist es Ihnen gelungen, einige der von Ihrem Amtsvorgänger hinterlassenen Wirtschaftsprobleme in den Griff zu bekommen?

Wir haben die Krise von ihm geerbt. Inzwischen konnten wir die Wirtschaft wieder in die Spur bringen, indem wir die erforderlichen Schritte eingeleitet und die Wachstumsgrundlagen geschaffen haben. Es ist gerade einmal zwei Jahre her, daß die Menschen Stunden damit zubringen mußten, um für Treibstoff anzustehen. Und es ist ebenfalls erst zwei Jahre her, daß Unternehmer um den Zugang zu Devisen kämpfen mußten.

Was haben Sie getan?

Wir haben die bittere Pille geschluckt und unpopuläre Entscheidungen wie die Abwertung der Landeswährung Kwacha getroffen. Und wir haben einen strikten Geld- und Haushaltskurs gefahren. Das sind einige der Maßnahmen, die zu der Genesung unserer Wirtschaft beigetragen haben und die Voraussetzungen für den Transformationsprozeß der kommenden fünf Jahre sind.

Sie hatten zu Beginn Ihrer Amtszeit erklärt, es werde Ihre erste Aufgabe sein, das Vertrauen der Geberländer zurückzugewinnen und die Hilfsgelder freizusetzen, die einbehalten worden waren. Dafür haben Sie auch gesorgt. Doch infolge des »Cashgate«-Skandals haben die Geber die Auszahlung von 150 Millionen Dollar Haushaltshilfe ausgesetzt. Übernehmen Sie dafür die Verantwortung?

Ja, das tue ich, denn »Cashgate« trug sich unter meinen Augen zu. Es ist meine Aufgabe, die Verantwortung zu übernehmen und zu handeln. Das ist der Grund, warum wir weitreichende Maßnahmen gegen Betrug und Korruption ergriffen sowie ausländische Prüfer damit beauftragt haben, diesen Korruptionsfall im öffentlichen Dienst vollständig aufzuklären.

Ihre Kritiker sind der Meinung, daß Ihre Regierung nicht genug in dieser Frage unternimmt. Widersprechen Sie?

68 Personen einschließlich eines ehemaligen Mitglieds meines Kabinetts wurden verhaftet. Mehr als 18 Fälle werden bereits vor Gericht verhandelt, und 33 Bankkonten wurden eingefroren. Was nur wenige afrikanische Entscheidungsträger kurz vor den Wahlen riskieren würde, habe ich gewagt. Ich habe versprochen, niemanden zu schonen, selbst im Fall, daß Verwandte von mir involviert wären. Was meinen Sie, ist das nicht Beweis genug, daß wir diesen Korruptionsfall ernst nehmen?

Er gibt Leute, die der Meinung sind, daß Sie persönlich von »Cashgate« profitiert haben. Was sagen Sie diesen Leuten?

Wenn Sie gegen die Mächtigen, gegen ein einflußreiches Syndikat wie das für »Cashgate« verantwortliche, angehen, ist eine solche Anschuldigung nicht weiter verwunderlich. Hinzu kommt, daß wir uns in einem Wahljahr befinden, in dem viel geredet wird. Doch die Wahrheit wird sich schon zeigen. Und dann sollte man sich klar machen, daß ich als Frau eine Rolle in einer von Männern dominierten Welt spiele. Deshalb überrascht mich dieser Vorwurf nicht. Wir werden die Widerstände überwinden und die, die den Diebstahl der Staatsgelder zu verantworten haben, hinter Gitter bringen und ihr Vermögen konfiszieren.

In einem Monat finden die Wahlen statt. Das Beratungs- und Prognoseunternehmen »Economist Intelligence Unit« in London geht davon aus, daß Sie trotz »Cash­gate« gewinnen. Was meinen Sie?

Ja, ich bin überzeugt, daß ich gewinnen werde. Ich weiß aber auch, daß es knapp wird. Mein Vorteil ist, daß die Menschen wissen, was wir in den vergangenen beiden Jahren geleistet haben: Wir haben die repressiven Gesetze abgeschafft, die Rolle der Frauen gestärkt und für freie Medien gesorgt. Die Menschen dürfen demonstrieren, ein Recht, für das sie zwei Jahre zuvor noch getötet worden wären.

Das Magazin Forbes hat Sie zur mächtigsten Frau des Kontinents erklärt. Fühlen Sie sich so?

Nein, das tue ich nicht. Ich werde mich erst in dem Augenblick mächtig fühlen, in dem keine Frau in Malawi und in Afrika mehr Haß zu fürchten braucht, wenn Frauen in Afrika als Gleichberechtigte die ihnen zustehenden Positionen eingenommen haben.

Interview: Mabvuto Banda, IPS

* Aus: junge welt, Mittwoch 23. April 2014


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