Rosenholz und Kettensäge
Korruption und die politische Krise fördern den Raubbau auf Madagaskar
Von Lova Rabary-Rakotondravony, Antananarivo (IPS) *
Madagaskars »révolution orange«, die im Januar 2009 ihren Anfang nahm, hat nicht nur Präsident
Marc Ravalomanana sein Amt gekostet. Die seither schwelende politische Krise unter seinem mit
Militärhilfe an die Macht gekommenen Nachfolger Andriy Rajoelina geht auch zu Lasten der Umwelt.
»Sie sind auf der Suche nach Rosenholz, Madame? Ich kann Ihnen jede gewünschte Menge
beschaffen.« Der junge Mann, der in einer Dorfkneipe im Bezirk Manompana im Osten Madagaskars
herumhängt, lässt beim Anblick einer potenziellen Kundin sein Bier stehen und kommt mit ihr schnell
ins gut organisierte illegale Geschäft. In der Inselrepublik vor der Küste Afrikas sind Einschlag und
Export von Rosenholz (Dalbergia baroni) eigentlich verboten. Der Holzagent aber gibt zu: »Ich
bezahle dort draußen Dorfbewohner, die die bestellten Bäume für mich fällen. Die Menschen leben
vom Wald. Wenn sie mir Holz liefern, sorge ich dafür, dass sie und ihre Familien ein Auskommen
haben.« Mit den örtlichen Behörden komme er klar: »Es kostet mich nur ein paar große Scheine, um
Leute zu finden, die Papiere fälschen und die Herkunft der Hölzer für den Export umdeklarieren.«
Natur- und Waldschutz seien im vergangenen Jahr in Madagaskar wegen politischer Machtkämpfe
und wachsender Armut eine besonders schwierige Aufgabe gewesen, stellt Charles Rakotondrainibe
fest. Er ist stellvertretender Direktor der für Madagaskars Nationalparks zuständigen Behörde.
»Angesichts des mit Edelhölzern leicht zu verdienenden Geldes blieb den Gemeinden nichts
anderes übrig, als sich an der Plünderung der Wälder zu beteiligen. Zumal sich kaum noch
Touristen, die bislang für bescheidene Einkommen sorgten, durch die Naturschutzgebiete führen
ließen.
Seit eine populistische Bewegung 2009 Staatspräsident Marc Ravalomanana gestürzt und Andriy
Rajoelina als Nachfolger ins Amt gebracht hat, habe die nationale Umweltpolitik schwere
Rückschläge erlitten, klagt Rakotondrainibe. Jetzt versuchen Umweltschutzorganisationen, die
Einbußen durch die Einbindung der Dorfgemeinschaften in den Waldschutz wettzumachen. »Die
Bevölkerung soll gegen das illegale Abholzen vorgehen und lernen, wie sich ihr Alltagsleben auf ihre
Umwelt auswirkt«, erklärt der Aktivist Étienne Andriamampandry. Er arbeitet als Programmdirektor
für die Organisation AIM, die sich in der Armutsbekämpfung engagiert.
Der Raubbau geht indes weiter. »Und dann noch dieser Erlass, durch den das Exportverbot für
Edelhölzer aufgehoben wurde!«, klagt Rakotondrainibe. Nach Ansicht des Präsidenten des
Forstbeamtenverbandes, Ndranto Razakamanarina, ist diese Verfügung des ehemaligen
Staatspräsidenten Ravalomanana vom Januar 2009 »ganz und gar illegal. Sie verstößt gegen die
Umweltcharta und gegen geltende Waldgesetze, die den Export von Edelholz verbieten.« In einem
Interview mit IPS erläutert er: »Eigentlich sollte der Erlass lediglich bis März gelten und den Export
von bereits geschlagenen Edelhölzern genehmigen. Doch die gut organisierte Holzmafia hat ihn als
Lizenz zum weiteren Abholzen genutzt. Die Verlängerung der Ausnahmeregelung bis Ende
November kam ihr dabei sehr entgegen.«
Nach einem von der US-amerikanischen Forschungseinrichtung Missouri Botanical Garden
zusammengestellten Bericht wurden zwischen Januar und Oktober 2009 in den Häfen Vohémar und
Toamasina im Osten Madagaskars mehr als 1200 mit Rosenholz beladene Container verschifft.
Nach Berechnungen der Forscher entspricht diese Menge gut 60 000 abgeholzten Bäumen. Doch
der Gesamtschaden, den die Holzräuber anrichten, sei weit umfassender, stellte Razakamanarina
fest. »Um das Edelholz auf einem Fluss aus dem Wald herauszubringen, fällt man ein weiteres
halbes Dutzend anderer Bäume und bindet sie zu einem Floß zusammen.« Hoffnungslos ist
Razakamanarina nicht: »Nichtregierungsorganisationen und Verbände haben sich zu einer Allianz
zum Schutz der Umwelt verbündet, die sich für eine verantwortliche Umweltpolitik mit besser
kontrollierten Regeln einsetzt«.
* Aus: Neues Deutschland, 7. Januar 2010
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