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Libyens Krise weitet sich zu einem Regionalkonflikt aus

Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate sollen sich in die Kämpfe zwischen Milizen eingemischt haben

Von Mirco Keilberth, Tripolis *

Libyen hat seit vergangenem Montag zwei konkurrierende Parlamente, in denen unterschiedliche Fraktionen den Ton angeben.

Nach der Machtübernahme der Fadschr-Milizen in Tripolis setzte Noch-Präsident Nuhri Abusahmain eine Sitzung des Nationalkongresses an, dessen Mandat bereits im Juli ausgelaufen war. Premierminister Ahmed Thinni und die Mehrheit des in der ostlibyschen Hafenstadt Tobruk tagenden Repräsentantenhauses erklärten das Gegenparlament des »Mitläufers der Islamisten« für illegal. Sie halten Abusahmain, einen Geschäftsmann aus der Berberstadt Zuwara, für einen Gefolgsmann der islamistischen Fraktion, die im Nationalkongress zuletzt den Ton angab. Als der Kongress im Mai eigenmächtig sein Mandat verlängerte, war es zu Massenprotesten gekommen, die in Neuwahlen mündeten.

Im Frühjahr hatte Milizenkommandeur Hatem Tadschouri den Präsidenten zu Hause mit zwei nächtlichen Besucherinnen gestellt. Das Video des bei einem Milizenführer um Verzeihung bittenden Präsidenten beleuchtet in den Augen vieler Aktivisten die wahren Machtverhältnisse in Libyen: Da eine der beiden Besucherinnen Abdusahmains auf den Namen Hanna hört, firmiert der Kongress in sozialen Netzwerken nun als »Hannas Parlament«.

Während der Westen das gewählte Repräsentantenhaus unterstützt, verkündete die Partei der Muslimbrüder »Gerechtigkeit und Aufbau«, die Abgeordneten hätten durch ihre Parteinahme für die Karama-Allianz das Recht verloren, das Volk zu vertreten. Unter der Bezeichnung »Karama« (Würde) gehen Teile der Armee unter dem Kommando des Generals Khalifa Haftar im ostlibyschen Bengasi gegen islamistische Milizen vor. Deren Führer wiederum – und Vertreter des politischen Islams – rufen nun zu Massendemonstrationen gegen das Repräsentantenhaus auf.

Der versuchte Putsch fällt mit Berichten zusammen, wonach die von unbekannten Kampfflugzeugen in der vergangenen Woche geflogenen Angriffe auf die Milizen der Fadschr (Morgendämmerung) von Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten ausgegangen seien. Zwar hatte dafür die antiislamistische Allianz unter Haftar die Verantwortung übernommen, doch kamen libysche Flugzeuge mangels Nachtsichtausrüstung für den Einsatz kaum in Frage.

Die »New York Times« zitiert nun Quellen in der US-Armee, die von einer Kooperation Ägyptens und der Emirate gegen die Fadschr-Einheiten aus Misrata berichten. Die Regierungen beider Staaten hatten in den letzten Wochen immer wieder vor der wachsenden Gefahr durch islamistische Milizen in Libyen gewarnt.

Mehrere Kämpfer aus Misrata und Tripolis kamen bei der von Luft-Boden-Raketen ausgelösten Explosion ihres Munitionsdepots ums Leben. Dennoch übernahmen die Milizen am Sonntag die Kontrolle über Tripolis. Nach fünfwöchiger Belagerung des internationalen Flughafens zogen sich die Verteidiger aus Zintan zurück.

US-Beamte bezeichneten die Luftangriffe gegenüber der »New York Times« als einen »Akt der unberechenbaren Eskalation« im blutigen Machtkampf Libyens. »Die Vereinigten Arabischen Emirate haben die Angriffe ausgeführt«, sagte ein US-Regierungsvertreter. Ägypten soll bei der Luftbetankung geholfen haben. Ob die USA vorher über die Angriffe informiert worden waren, blieb unklar. Die Streitkräfte der Emirate werden seit vielen Jahren von der US-Army ausgerüstet und trainiert.

Sollten die Berichte der »New York Times« stimmen, hätten sich Ägypten und die Emirate offen auf die Seite General Khalifa Haftars und des Repräsentantenhauses gestellt. Der General hatte Ägypten mehrmals um Militärhilfe gebeten, denn der Erfolg seiner Operationen in Bengasi ist bisher mäßig. Ein Sprecher der Aktion erklärte, allein in den letzten zwei Tagen habe der Krieg in Bengasi über 50 Opfer gefordert. Tausende Extremisten seien inzwischen nach Libyen geströmt. Die EU verurteilte die Angriffe als »Einmischungen von außen« und warnte ebenso wie die USA vor einer weiteren »Ausbreitung der Kämpfe und der Gewalt«.

* Aus: neues deutschland, Mittwoch 27. August 2014


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