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US-Abgeordnete fordern Libyen-Erklärung

NATO griff erneut Hauptstadt Tripolis an *

US-Präsident Barack Obama soll sich nach dem Willen mehrerer einflussreicher Abgeordneter vor dem Kongress wegen des Einsatzes in Libyen rechtfertigen. Der republikanische Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, John Boehner, legte am Donnerstag (2. Juni) in Washington eine Resolution vor, in der von Obama innerhalb von zwei Wochen eine Erklärung zu Libyen gefordert wird. Vor allem soll der Präsident erklären, warum er nicht die Abgeordneten befragt habe, bevor er der Beteiligung der US-Streitkräfte an den Luftangriffen auf Libyen zustimmte.

Über die Resolution sollte noch am Freitag (3. Juni) im Repräsentantenhaus abgestimmt werden. Auch bei Obamas Demokraten regt sich zunehmend Widerstand gegen die Libyen-Strategie des Präsidenten. Viele befürchten eine langfristige Bindung der US-Streitkräfte in der Mission. Deshalb soll Obama der Resolutionsvorlage zufolge bei seiner Erklärung vor dem Kongress auch konkrete Aussagen »zur Länge und zum Ausmaß« des Einsatzes machen.

Die NATO fliegt seit Mitte März fast täglich Einsätze gegen Ziele in Libyen. Nach einer Sitzung des NATO-Rats in Brüssel hatte NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am Mittwoch bekanntgegeben, dass das Bündnis den Einsatz um drei Monate bis Ende September verlängern werde.

In der Nacht zum Freitag (3. Juni) hat es erneut mehrere Explosionen gegeben. Wie ein Journalist von AFP berichtete, waren am Donnerstag kurz nach 23.30 Uhr vier Explosionen aus dem Zentrum der Stadt zu hören. Etwa eine Viertelstunde später habe es weitere Explosionen gegeben.

* Aus: Neues Deutschland, 4. Juni 2011


NATO verlängert Krieg gegen Libyen

UN-Menschenrechtsrat wirft Regierung und Rebellen Verbrechen vor. Westen unterstützt Ghaddafi-Gegner **

Die NATO hat in der Nacht zum Donnerstag (2. Juni) erneut Ziele in der libyschen Hauptstadt Tripolis angegriffen. Wie AFP berichtete, waren die ersten von gut einem Dutzend Explosionen gegen Mitternacht zu hören. Tags zuvor war bei den Bombardements der westlichen Kriegsal­lianz eine koptische Kirche beschädigt worden, wie der Bischof der libyschen Hauptstadt, Giovanni Martinelli, dem vatikanischen Pressedienst Asianews bestätigte. »Die Raketen landen überall und treffen leider nicht nur militärische Anlagen, sondern auch zivile. Die Menschen in Tripolis leiden, auch wenn niemand davon spricht.«

Der NATO-Rat in Brüssel entschied am Mittwoch (1. Juni), die Luftangriffe gegen Libyen bis Ende September zu verlängern. Damit sende die NATO ein »starkes Zeichen« an Staatschef Muammar Al-Ghaddafi, daß sie entschlossen sei, »ihre Operationen zum Schutz der libyschen Zivilbevölkerung fortzusetzen«, behauptete Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen. Auf einer Konferenz der Carnegie-Stiftung sagte er wenig später: »Die Frage ist nicht, ob Ghaddafi abtritt, sondern wann.«

Eine Ermittlerkommission des UN-Menschenrechtsrats wirft sowohl den regulären Streitkräften Libyens als auch den Rebellen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor. Als Beispiele nannten die Experten das brutale Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen Demonstranten, willkürliche Festnahmen und »schwere Angriffe« auf Medienvertreter. Außerdem seien zivile Einrichtungen und Krankenhäuser attackiert worden Es lägen aber auch Berichte über Vergehen der Rebellen vor. Dazu gehöre die Folter von Inhaftierten, Einwanderern und angeblichen Söldnern Ghaddafis. Die NATO-Kriegführung wurde nicht untersucht.

Den Aufständischen in Bengasi sagte Italiens Außenminister Franco Frattini bei einem Besuch Unterstützung mit Treibstoff und Hunderten Millionen Dollar zu. Presseberichten zufolge setzte sich der bisherige libysche Ölminister Schukri Ghanem nach Rom ab.
(dapd/AFP/jW)

** Aus: junge Welt, 3. Juni 2011


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