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London will noch mehr Krieg

Drei Monate Luftangriffe gegen Libyen / Weitere zivile Opfer / NATO äußert Bedauern *

Drei Monate nach dem Beginn des Konflikts in Libyen ist ein Ende nicht absehbar. US-Präsident Obama und NATO-Generalsekretär Rasmussen bekannten sich am Wochenende zu einer Fortsetzung der Luftangriffe, der britische Generalstabschef Richards forderte eine Ausweitung des Einsatzes.

Bei einem Treffen im Weißen Haus haben US-Präsident Barack Obama und NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen nach US-Angaben darin übereingestimmt, dass die militärische Durchsetzung der Flugverbotszone über Libyen »unzählige Menschenleben« gerettet habe. Die NATO werde ihre Luftangriffe so lange fortsetzen, wie Libyens Staatschef Gaddafi die eigene Bevölkerung angreife, hieß es am Freitag (13. Mai) in Washington.

Der britische Generalstabschef David Richards forderte im »Sunday Telegraph« eine Ausweitung der Luftangriffe. Die NATO müsse überlegen, künftig etwa auch Infrastruktureinrichtungen anzugreifen, um den Druck auf Gaddafi zu erhöhen. Es sei zwar nicht das Ziel der NATO, Gaddafi gezielt zu töten, sagte der General. Wenn Gaddafi aber etwa bei einem Angriff auf ein Kommando- und Kontrollzentrum getroffen werde, sei das »innerhalb der Regeln« des Libyen-Mandats des UN-Sicherheitsrates. Die NATO greift auf der Grundlage einer UN-Resolution seit März Ziele in Libyen an, angeblich um die Zivilbevölkerung vor den Truppen Gaddafis zu schützen.

Am Samstag (14.Mai) nahmen in Tripolis mehrere hundert Menschen an der Beisetzung von elf Imamen teil, die nach libyschen Angaben in der Nacht zu Freitag bei einem NATO-Angriff nahe der Küstenstadt Brega getötet wurden. Die NATO erklärte, es gebe für die Vorwürfe keine Bestätigung von unabhängiger Seite. Das Bündnis bedauere aber jegliche Opfer unter der Zivilbevölkerung, wenn es diese gebe.

Der Rebellenvertreter Mahmud Dschibril wurde am Wochenende in Paris und Washington empfangen. Bei einem Treffen mit dem nationalen Sicherheitsberater von Obama, Tom Donilon, konnte er jedoch keine diplomatische Anerkennung des Übergangsrates erreichen.

Gaddafi meldete sich unterdessen in einer Audiobotschaft zu Wort. »Ich will euch sagen, dass ich an einem Ort lebe, an dem ich nicht erreicht oder getötet werden kann, ich lebe in den Herzen von Millionen Libyern«, sagte Gaddafi. Für Angaben, wonach Gaddafi verletzt wurde und Tripolis verlassen hat, gibt es keine Bestätigung.

* Aus: Neues Deutschland, 16. Mai 2011


Ruf nach Ausweitung des Krieges gegen Libyen

Obama und Rasmussen: NATO-Luftangriffe werden fortgesetzt, "um Menschenleben zu retten" **

Die NATO-Luftangriffe auf Libyen sollen unvermindert fortgesetzt werden. Das erklärten am Wochenende US-Präsident Barack Obama und NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen bei einem Zusammentreffen im Weißen Haus. Beide Politiker behaupteten übereinstimmend, daß die NATO-Luftschläge gegen die libysche Bevölkerung »unzählige Menschenleben gerettet« hätten. Der britische Generalstabschef David Richards forderte in einem Interview mit dem Sunday Telegraph eine Ausweitung der Luftangriffe. Die NATO müsse überlegen, künftig etwa auch Infrastruktureinrichtungen anzugreifen.

NATO-Kampfflugzeuge bombardierten am Samstag abend (14. Mai) erneut Ziele in Tripolis. Das staatliche libysche Fernsehen berichtete, erneut sei der Militärkomplex Bab Al-Asisija angegriffen worden, in dem sich auch die Residenz von Machthaber Muammar Al-Ghaddafi befindet. Eine NATO-Sprecherin in Neapel sagte, Ziel der Angriffe sei eine militärische Kommandozentrale gewesen.

Am Samstag (14. Mai) nahmen in Tripolis mehrere hundert Menschen an der Beisetzung von elf Imamen teil, die nach libyschen Angaben in der Nacht zu Freitag bei einem NATO-Angriff nahe der Küstenstadt Brega getötet wurden. Die NATO teilte in einer Erklärung mit, ihr Luftangriff in Brega habe einem Militärgebäude gegolten. Das getroffene Gebäude sei »eindeutig als Kommando- und Kontrollzentrale identifiziert« worden. In der Stellungnahme vom Samstag wurde weder bestätigt noch bestritten, daß es Opfer unter der Zivilbevölkerung gab. Die Allianz bedaure immer »jeglichen Verlust von Leben unschuldiger Zivilpersonen«, hieß es.

Der Rebellenvertreter Mahmud Dschibril wurde am Wochenende in Washington und Paris empfangen. Nach einem Treffen mit dem nationalen Sicherheitsberater von Obama, Tom Donilon, erklärte das Weiße Haus, der Übergangsrat sei ein »legitimer und glaubwürdiger Gesprächspartner«.
(AFP/dapd/jW)

** Aus: junge Welt, 16. Mai 2011


Söldner-Chef in Bengasi erschossen

Von Rüdiger Göbel ***

In der libyschen Rebellenhochburg Bengasi ist nach Angaben der Regierung in Paris ein Franzose getötet worden. Der Mann wurde gemeinsam mit vier Landsleuten an einer Kontrollstelle der – von Aufständischen gestellten – Polizei außerhalb der Stadt festgenommen, wie das französische Außenministerium am Donnerstag (12. Mai) nüchtern mitteilte. Er wurde angeschossen und starb später im Krankenhaus. Die französische Nachrichtenagentur AFP berichtete unter Berufung auf Rebellenkreise, »bei dem Opfer handele es sich um einen Auftragnehmer der Streitkräfte« – gemeint sind die bewaffneten Aufständischen. Die New York Times meldete präziser, bei dem Toten handle es sich mutmaßlich um Pierre Marziali, Chef der Söldnerfirma Secopex mit Sitz im französischen Carcassonne, der erst am Dienstag über Ägypten nach Libyen eingereist war. Ein Team des Unternehmens war den Angaben zufolge schon seit mindestens einem Monat in Bengasi stationiert und hatte dort eine zweistöckige Villa angemietet, die von hohen Mauern umgeben ist. Nach der Verhaftung der Secopex-Gruppe wurde das Objekt offensichtlich geräumt.

Presseberichten zufolge hätte Marziali am Donnerstag mit Rebellenvertretern des selbsternannten Nationalen Übergangsrat in Bengasi Verhandlungen führen sollen. Dieser bedauerte den tödlichen »Zwischenfall«. Einem früheren Secopex-Mitarbeiter zufolge war Marziali im Auftrag der französischen Regierung in Ostlibyen unterwegs. Da Frankreich keine Truppen in das nordafrikanische Land schicke, sei Secopex für »Schutzmissionen« engagiert worden. Wie die New York Times weiter berichtet, haben neben Frankreich mehrere Länder »Militärberater« entsandt, um die Rebellen im Kampf gegen die libyschen Regierungstruppen zu unterstützen.

Vertreter der Aufständischen wurden am Freitag (13. Mai) im Weißen Haus in Washington empfangen. Die NATO setzte derweil die Bombardierung der libyschen Hauptstadt Tripolis fort.

*** Aus: junge Welt, 14. Mai 2011


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