Tripolis und Sliten bombardiert
NATO-Angriffe sollen jüngsten Sohn Gaddafis getötet haben *
Die NATO hat in der Nacht zum Freitag (5. Aug.) die libysche Hauptstadt Tripolis sowie die Küstenstadt Sliten
160 Kilometer östlich von Tripolis bombardiert.
Ein Rebellensprecher sagte, bei dem Bombardement einer
Kommandozentrale in Sliten seien der jüngste Sohn von Staatschef Muammar al-Gaddafi und
zahlreiche weitere Soldaten getötet worden. Die Führung in Tripolis wies dies als eine Lüge zurück,
während die NATO die Angaben nicht kommentieren wollte.
Der NATO-Luftangriff auf die im Westen des Landes gelegene Küstenstadt ereignete sich offenbar
nur wenige Stunden, nachdem die Behörden ausländische Journalisten in die Stadt geführt hatten.
Der Besuch sollte offenbar die Behauptung der Rebellen widerlegen, wonach ihre Truppen von
Misrata aus nach Sliten vorgedrungen seien. Wie ein AFP-Reporter berichtete, war das
Stadtzentrum während des Besuchs am Donnerstag unter Kontrolle der Regierungstruppen, doch
war in der Ferne heftiges Artilleriefeuer zu hören.
Rebellensprecher Mohammed Sawawi sagte in Bengasi, in der Nacht zu Freitag seien bei dem
NATO-Luftangriff auf eine Kommandozentrale Gaddafis 28-jähriger Sohn Chamis und 31 weitere
Soldaten getötet worden. Er berief sich bei seinen Aussagen auf Informationen von Spionen in den
Rängen der Regierungstruppen und abgefangene Funksprüche.
Die NATO bestätigte den Angriff, nicht aber den Tod von Chamis Gaddafi. Flugzeuge der
Militärallianz hätten zwei Angriffe in Sliten geflogen, sagte ein NATO-Vertreter in Brüssel. Zunächst
seien ein Munitionslager und dann in einem Kampfgebiet nahe der Stadt eine Anlage der
Militärpolizei angegriffen worden. Informationen über Tote und Verletzte lägen nicht vor.
Gaddafis Sprecher Mussa Ibrahim sagte vor Journalisten in Tripolis, bei den Angaben über den Tod
des Gaddafi-Sohnes handele es sich um »sehr dreckige Lügen, um den Mord an Zivilisten in einer
friedlichen Stadt zu vertuschen«. Der 28-jährige Chamis war im März schon einmal totgesagt
worden. Er führt die nach ihm benannte Chamis-Brigade, die als die schlagkräftigste Kampftruppe
gilt.
Die NATO hat in der Nacht zum Freitag (5. Aug.) auch Ziele in Tripolis bombardiert. Nach Angaben eines
Journalisten der Nachrichtenagentur AFP waren rund zehn laute Explosionen zu hören. Das
Staatsfernsehen berichtete, die NATO habe Angriffe auf »zivile und militärische Ziele« in einem
Vorort im Südosten der Stadt geflogen.
Vizeaußenminister Chaled Kaaim warf den libyschen Rebellen unterdessen vor, eine wichtige
Pipeline sabotiert zu haben, die zur einzigen derzeit funktionierenden Raffinerie des Landes führt.
Die Rebellen hätten in der Gebirgsregion Dschebel Nefussa südöstlich von Tripolis ein Ventil
geschlossen und es mit Zement versiegelt. Das werde zu Stromausfällen führen.
* Aus: Neues Deutschland, 6. August 2011
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