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Spionage gegen Libanon

Beirut: Drei Mitarbeiter eines Mobilfunknetzes verhaftet. Schwere Vorwürfe der Hisbollah

Von Karin Leukefeld *

Die Verhaftungen von drei Mitarbeitern des libanesischen Mobilfunknetzes Alfa in den letzten vier Wochen sorgen im Libanon für Unruhe. Den drei Männern wird Spionage für Israel vorgeworfen, ein vierter Mann soll sich seiner Festnahme am Wochenende durch Flucht nach Israel entzogen haben.

Als »den gefährlichsten Spionagefall« seit der Zerschlagung eines landesweiten Spitzelrings im April 2009 bezeichnete der Minister für Telekommunikation, Charbel Nayyas, die Affäre. Der Mann, der am Wochenende verhaftet wurde und dessen Name mit Tarik Rabaa angegeben wird, war Techniker beim Mobilfunknetz Alfa. Es werde geprüft, ob Virusprogramme im libanesischen Mobilfunknetz plaziert worden seien, sagte Nayyas der Tageszeitung As Safir (Beirut). Kennworte und Zugangscodes würden geändert, um sicherzugehen, daß niemand von außerhalb das libanesische Mobilfunknetz infiltrieren könne. Vor einem Monat war mit dem Techniker Charbel Qazzi, der ebenfalls bei Alfa gearbeitet hatte, der erste Agent festgenommen worden. Qazzi, der seine Spionagetätigkeit für Israel seit 1996 eingestanden hat, wurde inzwischen der »Zusammenarbeit mit Israel, Einreise in ein feindliches Gebiet und Informationsweitergabe an Israel« angeklagt. Auf Spionage für Tel Aviv steht im Libanon lebenslange Haft oder die Todesstrafe.

Am Freitag (16. Juli) hatte der Generalsekretär der Hisbollah, Hassan Nasrallah ausführlich auf die Gefahr für das libanesische Telefonnetz hingewiesen. Ziel des israelischen Angriffs sei es, Daten von Telefongesprächen zu manipulieren und damit dem Sondertribunal für den Libanon (STL) gefälschte »Beweise« zuzuspielen. Das Tribunal untersucht den Mord am früheren libanesischen Ministerpräsidenten Rafik Hariri im März 2005. Nasrallah, der das Sondertribunal als »israelisches Projekt« bezeichnete, verurteilte die Ermittlungsarbeit, die sich mangels anderer Beweise auf die Auswertung von Telefongesprächen konzentriert. »Nachdem das Einführen falscher Zeugen gescheitert ist, sollen jetzt über das Telefonnetz neue Anklagen konstruiert werden«, so Nasrallah. Offenbar sei geplant, »eine Anklage gegen Mitglieder der Hisbollah zu erheben«.

Der Versuch der Regierung von Fouad Siniora, 2008 das interne Telefonnetz der Hisbollah abzuschaffen, sei vermutlich israelischen Ursprungs gewesen, sagte Nasrallah weiter. Angesichts der aufgedeckten Spionage im Telekommunikationssektor werde deutlich, daß das Telefonnetz der Hisbollah keine Gefahr für den Libanon darstelle, sondern der Sicherheit diene. Die Regierung müsse untersuchen, wer damals die Politiker zu der Entscheidung drängte, die fast zu einem neuen Bürgerkrieg geführt habe.

* Aus: junge Welt, 19. Juli 2010


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