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Panzer in der libanesischen Hauptstadt

Nach Gefechten zwischen Milizen von Hisbollah und Al-Ahbasch rücken Regierungssoldaten in Beirut ein

Von Karin Leukefeld *

Schwere Straßenkämpfe zwischen Mitgliedern der schiitischen Hisbollah und der konservativ-sunnitischen Al-Ahbasch erschütterten am Dienstag (24. Aug.) abend das Beiruter Viertel Bour Abi Haidar. Dabei kamen vier Menschen ums Leben, mehrere an den Gefechten Beteiligte wurden verletzt. Am Mittwoch rückte die libanesische Armee mit Panzern in den Stadtteil ein. Die Regierungssoldaten sollten die Situation »unter Kontrolle bringen«.

Auslöser der Auseinandersetzung soll der Versuch eines Hisbollah-Mitglieds gewesen sein, sein Auto vor einer Moschee der Al-Ahbasch zu parken, woran ein Mitarbeiter der Moschee ihn offenbar hindern wollte. Schnell eskalierte der Streit. Aus den Reihen der Al-Ahbasch seien Schüsse abgefeuert worden. Die Hisbollah habe versucht, die Moschee abzuriegeln, andere Berichte besagen, Hisbollah habe angefangen, auf die umliegenden Geschäfte zu schießen.

Noch am Dienstag abend einigten sich beide Seiten unter Vermittlung des Armeegeheimdienstes auf eine Stellungnahme, wonach es sich um einen persönlichen Streit ohne religiösen oder politischen Hintergrund gehandelt habe. Alle bewaffneten Kämpfer würden aus dem Gebiet abgezogen, die Armee soll den Vorfall untersuchen. Regierung, Armee und Geistliche im Libanon reagierten nervös. Das Verteidigungsministerium hob umgehend die Erlaubnis auf, Waffen zu tragen. Auch das Kabinett will sich mit dem Vorfall befassen. Die Hisbollah wollte sich am Mittwoch nicht weiter zu dem Vorfall äußern.

Eine Konfrontation war seit längerem befürchtet worden, falls Hisbollah-Mitglieder vor dem UNO-Sondertribunal zum Fall des ermordeten Expremier Rafik Hariri angeklagt werden sollten. Aus diesem Grund waren Syriens Staatschef Baschar Al-Assad und König Abdullah von Saudi-Arabien Ende Juli zu einer Schlichtungsmission nach Beirut gereist. Die Hisbollah erklärte, Israel verfolge über das Hariri-Tribunal das Ziel, den Libanon zu destabilisieren und Zwietracht zu säen.

* Aus: junge Welt, 26. August 2010


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