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Störfeuer gegen Arabischen Gipfel

Saudi-Arabien will ohne libanesischen Präsidenten nicht teilnehmen

Von Karin Leukefeld, Damaskus *

Erneut ist am Dienstag der Versuch des libanesischen Parlaments gescheitert, Armeechef Michel Suleiman zum Präsidenten zu wählen. Am 25. März, kurz vor dem Arabischen Gipfel, soll der nächste Anlauf folgen. Die politische Krise im Zedernstaat ist zu einem offenen Kräftemessen im Mittleren Osten geworden.

Die Wahl des neuen libanesischen Präsidenten, oder besser gesagt seine Nichtwahl, schlägt regional immer höhere Wellen. Das innenpolitische Konsenspaket, für das der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Moussa, seit zwei Monaten wirbt, sei gescheitert, erklärte am Wochenende der frühere libanesische Präsident Amine Gemayel. Gleichzeitig kritisierte er die Vorschläge Syriens zur Lösung der politischen Krise in Libanon als »klares Manöver, die (syrische) Hegemonie über Libanon wiederzuerlangen«. Gemayel bezog sich dabei auf einen Drei-Punkte-Plan, den Syriens Präsident Bashar al-Assad ins Spiel gebracht hatte. Danach sollte der Chef der libanesischen Streitkräfte, Michel Suleiman, zum Präsidenten gewählt, eine Übergangsregierung gebildet und vorgezogene Parlamentswahlen abgehalten werden.

In Sachen Libanon kann Syrien es derzeit niemandem Recht machen. Während die westlichen und arabischen Verbündeten der Regierungskoalition von Fuad Siniora Damaskus auffordern, auf die Oppositionskräfte einzuwirken, damit diese einlenken, fordern Sinioras Bündnispartner in Beirut von Syrien, sich aus Libanon herauszuhalten. Nun wird sich das Gerangel um den Einfluss in Libanon auf dem Gipfeltreffen der 22 Mitgliedstaaten der Arabischen Liga, das am 29. und 30. März in Damaskus stattfinden soll, fortsetzen.

Für Syrien ist der Gipfel von großer Bedeutung. Die Sicherheitspläne sind ausgearbeitet, die großen Hotels sollen zehn Tage vor dem Gipfel keine Zimmer mehr an Touristen vermieten, weil der Raum gebraucht wird, um die vielen Gäste angemessen unterzubringen. Die Autobahn vom Flughafen in die Stadt wurde im Eiltempo mit einer neuen Asphaltdecke versehen, und im Zentrum der Stadt säubern Arbeiter in Schwindel erregender Höhe auf schmalen Holzgestellen mit Sandstrahlgeräten die Fassaden offizieller Gebäude von einer schwarzen, Jahre alten Dreckschicht. Doch Syrien geht es nicht nur um polierte Fassaden. Damaskus will und muss seine umstrittene Position innerhalb der arabischen Staatengemeinschaft behaupten. Die enge Verbindung zu Iran, eine strategische Partnerschaft aus Zeiten von Hafiz Assad, die sich damals gegen Irak unter Führung von Saddam Hussein richtete und heute den Widerstand gegen die USA-Politik im Mittleren Osten untermauert, wird von arabischen Bruderstaaten misstrauisch beäugt.

Für ein erstes Störfeuer gegen den Arabischen Gipfel in Damaskus sorgte der saudische Außenminister Prinz Saud al-Feisal kürzlich bei einer Tour durch Europa und in Washington. Syrien müsse Fortschritte bei der Aufklärung des Mordes an Rafik Hariri machen, dem früheren libanesischen Ministerpräsidenten mit saudischer Staatsangehörigkeit, insbesondere bei der Zusammenarbeit mit dem UN-Sondertribunal. »Eine fremde Partei« wolle keine Stabilität in Libanon, womit er vermutlich Iran gemeint haben dürfte, den großen regionalen Widersacher Saudi-Arabiens. Irans Rolle in der Region nach dem Sturz von Saddam Hussein und angesichts des drohenden Auseinanderbrechens der Regionalmacht Irak bereitet vielen arabischen Staaten Kopfschmerzen. Vor allem Riad zeigt sich über den angeblich von Syrien geförderten wachsenden Einfluss Irans in Libanon und in der Region besorgt.

Die häufigen Besuche des iranischen Außenministers Mottaki in Damaskus in den letzten Wochen dürften das Misstrauen weiter vergrößert haben, entsprechend harscher wird der Ton gegenüber Syrien. Ohne einen libanesischen Präsidenten würde der Arabische Gipfel scheitern, heißt es in Riad. Der saudische Botschafter in Damaskus wurde abberufen und einstweilen in der Hauptstadt von Katar, Doha, untergebracht. Syrien hatte sich Zeit gelassen, Saudi-Arabien offiziell zum Gipfel einzuladen, nicht zuletzt, weil man dort für syrischen Besuch keine Zeit hatte. Erst am vergangenen Wochenende konnte Staatsminister Bashar Sha'ar in Riad diese Einladung überreichen. Wer aus Libanon teilnehmen wird, müssen die Libanesen selber entscheiden. Sollte die Präsidentenwahl am 25. März gelingen, dürfte es Armeechef Michel Suleiman sein.

* Aus: Neues Deutschland, 12. März 2008


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