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Boeing stürzt vor Libanons Küste ins Meer

90 Menschen an Bord des Flugzeuges der Ethiopian Airlines / Unglücksursache noch unklar

Von Weedah Hamzah *

Für die 90 Menschen an Bord des verunglückten Verkehrsflugzeugs der Ethiopian Airlines bestand kaum Hoffnung, den Absturz ins Meer vor Libanons Küste überlebt zu haben. Die Boeing 737-800 war am Montagmorgen 2.35 Uhr Ortszeit vom internationalen Flughafen Beirut bei schlechtem Wetter mit Ziel Addis Abeba gestartet. Kurz darauf stürzte sie ab. Bis zum späten Nachmittag bargen die Einsatzkräfte die Leichen von 30 Passagieren aus dem Meer.

Libanons Präsident Michel Suleiman schloss Terror als Absturzursache aus. Ein Flughafensprecher sprach von einem Blitz, der ins Flugzeug eingeschlagen sein könnte. Es kommt allerdings selten vor, dass Blitze ein Flugzeug zum Absturz bringen.

An Bord waren nach Angaben der Fluggesellschaft 51 Libanesen, 31 Äthiopier, zwei Briten sowie je ein Fluggast aus der Türkei, Frankreich, Russland, Kanada, Syrien und Irak. Unter den Toten ist Marla Sanchez Pietton, Frau des französischen Botschafters in Beirut. Ein Parlamentsabgeordneter der schiitischen Hisbollah-Partei war für den Flug gebucht, hatte ihn aber wegen einer Sondersitzung der Volksvertretung nicht angetreten.

Am Beiruter Flughafens spielten sich am Montagvormittag herzzerreißende Szenen ab: Weinende Väter und schluchzende Mütter und Ehefrauen trauerten um ihre Angehörigen. »Mein Sohn und meine Neffen waren an Bord«, klagte Um Ali Dschaber aus der Kleinstadt Nabatijeh in Südlibanon. »Mein Mitgefühl ist mit Ihnen«, versuchte sie Ministerpräsident Saad al-Hariri zu trösten.

Zunächst hatten sich die Hoffnungen der Angehörigen noch eine Zeit an erste Medienberichte geklammert, denenzufolge die Armee sieben Menschen aus dem stürmischen Meer gerettet hätte. Doch sie zerstoben, als klar wurde, dass die Rettungskräfte bislang nur Leichen aus dem Meer gezogen haben.

Die Rettungskräfte - darunter das deutsche Marineschiff »Mosel« - suchten auch nach dem Flugschreiber. Schlechtes Wetter erschwerte dies. Das Wrack soll in 500 Meter Tiefe liegen.

Tatsache ist, dass der Funkkontakt schon kurz nach dem Start abriss. Augenzeugen sahen daraufhin so etwas wie eine Explosion. Ein Tankwart, der an einer Tankstelle beim Flughafen Dienst tat, sagte: »Es herrschten heftiger Regen und Wind, und plötzlich sah ich den Himmel von einem orangenen Feuerball erleuchtet.«

Libanon versucht nach Jahrzehnten auf- und abflammender Kriege und Bürgerkriege in eine schwierige Normalität zurückzufinden. Die zivile Katastrophe vor der Küste löste einen Schock aus. Die Regierung erklärte den Montag zum nationalen Trauertag.

Flugzeuge des Typs Boeing 737-800 werden seit 1997 gebaut und gelten als sicheres Transportmittel. Der Verlust der äthiopischen Maschine ist der siebte Absturz einer 737-800. Im Dezember war eine Maschine des Typs, betrieben von American Airlines, bei der Landung in Kingston (Jamaika) verunglückt.

Ethiopian Airlines gilt als modernes Unternehmen mit einer relativ jungen Flotte. 2008 gewann das Unternehmen eine Auszeichnung als beste Fluggesellschaft Afrikas. Die Gesellschaft wurde 1945 gegründet und fliegt derzeit international 56 Ziele auf vier Kontinenten an. In Deutschland steht Frankfurt am Main auf dem Flugplan.


* Aus: Neues Deutschland, 26. Januar 2010


Bombenserie in Bagdad

Von Olaf Standke **

Drei gewaltige Explosionen haben gestern Bagdad außerhalb der gut gesicherten »Grünen Zone« erschüttert. Dutzende Menschen starben bei gezielten Angriffen auf internationale Hotels in der irakischen Hauptstadt. Schon in den vergangenen Monaten gab es immer wieder verheerende Anschläge. Allein am 8. Dezember wurden über 120 Menschen getötet, als mutmaßliche Terroristen fünf Bomben neben öffentlichen Gebäuden zündeten. Und vieles spricht dafür, dass sich diese schwarze Serie in den nächsten Wochen fortsetzen wird.

Denn am 7. März sind im Zweistromland Parlamentswahlen geplant, und die Aufständischen dürften nichts unversucht lassen, ihnen ihren Stempel aufzudrücken. Hinzu kommt, dass das »Komitee für Rechenschaft und Gerechtigkeit« als Arm der Regierung die Kandidaten mit Blick auf ihre politische Vergangenheit in den Zeiten Saddam Husseins durchleuchtet und über 500 Namen von den Wahllisten gestrichen hat. Und fast jeder ist Sunnit. Frühere Mitgliedschaft oder behauptete Nähe zur seinerzeit herrschenden und heute verbotenen Baath-Partei führen zur Ausgrenzung, und die hat das von einem religiösen Schiiten geleitete und jenseits gewählter Strukturen agierende Komitee sehr weit gefasst. So weit, dass sogar die USA-Regierung in Gestalt von Vizepräsident Joe Biden intervenierte. Vergeblich.

Während in diesen Tagen und Wochen alle auf den Krieg in Afghanistan schauen, droht sich im Zweistromland ein Nachkriegskonflikt höchst gefährlich zuzuspitzen, den Washington und die sogenannte Weltgemeinschaft am liebsten schon zu den Akten gelegt hätten.

* Aus: Neues Deutschland, 26. Januar 2010 (Kommentar)


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