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Scheich Assir provozierte Kämpfe

Libanesischer Salafist löste tödliche Gefechte mit Armee im Süden aus

Von Karin Leukefeld, Beirut *

Das Klima in Libanon ist durch den Bürgerkrieg im Nachbarland Syrien so aufgeheizt, dass schon ein kleiner Funke einen Flächenbrand auslösen kann. Bei Gefechten mit Anhängern eines Salafistenscheichs wurden in der libanesischen Stadt Sidon seit Sonntag 15 Soldaten und mehrere bewaffnete Zivilisten getötet.

Seit zwei Tagen halten Kämpfe zwischen Salafisten und der Armee die südlibanesischen Hafenstadt Sidon in Atem. Am Sonntagmittag hatten Anhänger des salafistischen Predigers Ahmad al-Assir einen Kontrollposten der Armee angegriffen und drei Soldaten getötet. Am Montagmorgen war die Zahl der getöteten Soldaten und Offiziere auf 15 gestiegen. Die Kämpfe gingen auch in den Nachmittagsstunden weiter.

Nach Angaben der libanesischen Streitkräfte ist der Angriff völlig unerwartet erfolgt, als Soldaten einige Personen unweit der Bilal bin-Rabah-Moschee des Predigers in Abra kontrollierten. Der Prediger wiederum machte die Armee für die Gewalt verantwortlich. In einer Videobotschaft erklärte der schwarz gekleidete und mit einem Sturmgewehr bewaffnete Assir, die Armee bestehe »aus Iranern und Hisbollah« und schieße wahllos auf Frauen und Kinder auf dem Gelände seiner Moschee. Er forderte »sunnitische und nicht-sunnitische Soldaten« auf, die Streitkräfte zu verlassen.

Auf die Aufforderung, sich mit seinen Anhängern zu ergeben, reagierten die Kämpfer des Predigers mit weiteren Angriffen. Journalisten berichteten, dass Scharfschützen auf Mitarbeiter des Arabischen Roten Halbmonds schossen, als diese verletzte Soldaten aus einem Panzer bargen, der von einem Granatwerfer getroffen worden in Flammen aufgegangen war. Unterstützung erhielt Assir auch von Kämpfern der Jund al-Sham und Fatah al-Islam, die aus der Umgebung des palästinensischen Flüchtlingslagers Ain al-Hilweh südlich der Stadt Angriffe auf die Streitkräfte unternahmen. Beide Gruppen kämpfen auch an der Seite der Aufständischen in Syrien.

Am Montagmittag rückten die Streitkräfte allmählich auf die Schutzzone um die Moschee vor, ein Gelände, das normalerweise für Behörden und Armee tabu ist. Beobachter sprachen davon, dass die Kämpfer des Predigers ähnlich vorgingen wie die Aufständischen in Syrien. Dafür spräche der Einsatz von Scharfschützen. Möglicherweise gebe es auch eine Tunnelanlage unter der Moschee, durch die der Prediger und seine Anhänger fliehen könnten. Die libanesische Zeitung »An-Nahar« vermutete derweil, Scheich Assir sei unerkannt in einem Rettungswagen entkommen. Rückendeckung bekommt der Scheich offenbar von den Golfstaaten, hieß es in libanesischen Medien. Die libanesische Armee ist seit Anfang des Jahres wiederholt von Salafisten angegriffen geworden, weil sie versucht hatte, den Schmuggel von Waffen und Kämpfern nach Syrien zu unterbinden.

Die Teilnehmer eines Sicherheitstreffens unter Vorsitz von Präsident Michel Suleiman stellten sich am Montagmorgen demonstrativ hinter die Armeeführung und forderten die Festnahme derjenigen, die die Streitkräfte angegriffen und getötet hätten. Die Präsenz aller bewaffneten Gruppen in Sidon müsse beendet werden, hieß es in einer Erklärung.

Der Staatsanwalt des libanesischen Militärgerichts, Saqr Saqr, hat laut »An-Nahar« einen Haftbefehl gegen Assir und 123 seiner Anhänger erlassen. Auch der Bruder des Scheichs und Fadel Shaker, ein bekannter Sänger, der für den Scheich auftritt, werden gesucht. Über Twitter soll der Scheich seine Anhänger aufgerufen haben, sich in ganz Libanon zu seiner Unterstützung zu erheben und die Kämpfe auszuweiten.

Ministerpräsident Najib Mikati hat den heutigen Dienstag zu einem Tag der Trauer in Libanon erklärt. Zwischen 12.00 und 13.00 Uhr soll die Arbeit zu Ehren der gefallenen Soldaten ruhen.

* Aus: neues deutschland, Dienstag, 25. Juni 2013


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