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Libanonzwist gipfelt in Absage

Beirut fehlt beim Spitzentreffen der Arabischen Liga in Damaskus

Von Karin Leukefeld *

Ein Zeichen der »arabischen Solidarität« sollte der zweitägige Gipfel der Arabischen Liga setzen, der an diesem Sonnabend in der syrischen Hauptstadt Damaskus beginnt. Doch Zwist und Misstrauen zwischen den Staaten, genährt vom Druck der USA-Regierung auf ihre arabischen Verbündeten, haben tiefe Risse zutage gefördert.

Weder Saudi-Arabien und Ägypten noch Jordanien und Marokko werden in Damaskus mit ihren Staatsoberhäuptern teilnehmen, sondern durch untergeordnete Politiker vertreten sein. Als Gast wird allerdings der iranische Außenminister Manuchehr Mottaki teilnehmen, was möglicherweise die Verstimmung der arabischen Schwergewichte verstärkt haben könnte. Die engen iranisch-syrischen Beziehungen werden von vielen arabischen Staaten mit Misstrauen verfolgt. Syrien gibt sich gelassen. Es sei die souveräne Entscheidung der Staaten, wen sie zum Gipfel schicken, erklärte Außenminister Walid al-Muallim: »Jede Vertretung ist uns willkommen.«

Es ist vor allem die politische Krise in Libanon, die die arabischen Staaten entzweit und gleichzeitig deren unterschiedliche Interessen spiegelt. Libanons Ministerpräsident Fuad Siniora hat seine Teilnahme am Arabischen Gipfel abgesagt und wird stattdessen in einer Fernsehansprache zu einem Treffen über die Zukunft Libanons aufrufen, das ohne den Einfluss Syriens stattfinden soll.

Die »Bewegung 14. März« von Saad Hariri, dem Sohn des 2005 ermordeten früheren libanesischen Ministerpräsidenten Rafik Hariri, forderte die arabischen Staaten zum Eingreifen auf: »Alle arabischen Staaten, die Libanon unterstützen, sollten den höchsten Druck auf Syrien ausüben, um dessen Ziele in Libanon zu verhindern.« Syrien müsse seine »unakzeptablen und wiederholten Versuche stoppen, das Zeitalter der Hegemonie und Vetternwirtschaft in Libanon wieder zu errichten«.

Syrien war 30 Jahre, ursprünglich im Auftrag der Arabischen Liga, militärische und politische Schutzmacht Libanons. Syriens Außenminister Muallim konterte: »Alle arabischen Parteien müssen sich in Freundschaft und nachdrücklich in Libanon engagieren.« Das gelte insbesondere für Saudi-Arabien, das einen »großen Einfluss auf die Regierungsmehrheit« in Beirut habe. »Syrien will ein stabiles und souveränes Libanon, alles andere ist falsch.«

Eigentlich sollte über die Situation in Libanon auf dem Gipfel ausführlich diskutiert werden, erläuterte Youssef al-Ahmad, Vertreter Syriens bei der Arabischen Liga. Doch weil Libanon nicht komme, werde man erneut den als »Arabische Initiative« bekannt gewordenen Vorschlag zur Lösung der politischen Krise in Libanon bekräftigen. Danach sollen General Michel Sleiman zum Präsidenten gewählt, eine Regierung der nationalen Einheit eingesetzt und ein neues Wahlgesetz verabschiedet werden.

Auf der Tagesordnung des Treffens, das von Präsident Baschar al-Assad eröffnet und geleitet wird, stehen weiter die Lage in Palästina, die Golanhöhen und die regionale Sicherheit, womit die Situation in Irak, in Darfur und das Verhältnis zu Israel gemeint sind.

Mögliche Gespräche über einen Frieden mit Israel dürften auf Widerstand stoßen, weil Israel selber keine Gesprächsbereitschaft signalisiert. Hinsichtlich einer innerpalästinensischen Einigung sind die arabischen Staaten zerstritten. Während die einen die Hamas als gleichberechtigten Partner einbeziehen wollen, halten andere allein die Palästinensische Autonomiebehörde von Präsident Mahmud Abbas für die legitime Vertretung der Palästinenser. Auch Wirtschaftsthemen wie Tourismusausbau und Schaffung von Chancen für ausländische Investoren in arabischen Staaten sind geplant.

Nach Angaben des syrischen Informationsministeriums sollen 750 Journalisten aus aller Welt angereist sein; die Sitzungen werden hinter verschlossenen Türen in einem großen Hotel- und Konferenzkomplex in der Nähe des Internationalen Flughafens von Damaskus stattfinden. Der Flughafen wird drei Tage lang für die Öffentlichkeit gesperrt sein, um die reibungslose Ankunft der Gastdelegationen zu gewährleisten. Die Flughafenautobahn war bereits seit Wochen erneuert worden. Die großen Hotels von Damaskus wurden von der Regierung verpflichtet, schon zehn Tage vor dem Großereignis keine Zimmer mehr zu vermieten, da jeder verfügbare repräsentative Raum für die Gastdelegationen gebraucht werde.

* Aus: Neues Deutschland, 29. März 2008


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