Linksregierungen im Visier
Republikaner im US-Kongress fordern Stopp von Zahlungen an fünf lateinamerikanische Länder
Von Benjamin Beutler *
Die Wellen der Auswirkungen des US-Haushaltsstreit zwischen Demokraten und Republikanern
haben Lateinamerika erreicht. Auf Antrag der Republikaner hat der Ausschuss für Auswärtiges im
US-Kongress vergangene Woche einen Stopp der Auslandshilfe für die linksregierten Länder
Argentinien, Ecuador, Venezuela, Bolivien und Nicaragua beantragt.
Connie Macks Begründung lässt keine Fragen offen: Im Zuge der aktuellen Haushaltsverhandlungen
wolle man jenen lateinamerikanischen Ländern, die »Widerstand leisten« und die »Ideale der
Freiheit, Sicherheit und Demokratie nicht unterstützen«, keine Finanzhilfen mehr zukommen lassen,
so der republikanische Abgeordnete aus Florida und Vorsitzende des Unterausschusses für die
westliche Hemisphäre. Zur Diskussion steht die Streichung von rund 96 Millionen US-Dollar, die der
Haushaltsentwurf von Präsident Barack Obama im Februar für fünf südamerikanische Länder
vorgesehen hatte: Argentinien, Ecuador, Venezuela, Bolivien und Nicaragua. Einen weiteren Antrag
brachte Republikaner Jeff Duncan aus dem Bundesstaat South Carolina durch. Jeder Staat, der sich
in der Vollversammlung der Vereinten Nationen gegen Washington stellt, verliere bereits zugesagte
Entwicklungshilfe. »Wie lange noch sollen die USA Aktivitäten unterstützen, die gegen die
nationalen Interessen gehen«, fragte David Rivera aus Florida, einer von 23 Abgeordneten, die den
Entwurf gegen 16 demokratische Nein-Stimmen nun in die laufenden Verhandlungen für den
Staatshaushalt 2012 einbringen. Für Lateinamerikas Linksregierungen könnte der Geldstopp mehr
Segen als Fluch bedeuten. Ein Blick auf den Haushaltsplan 2011 zeigt, wofür Washington seine
Auslandshilfe im »Hinterhof« fließen lässt. Nach Venezuela etwa flossen in den vergangenen Jahren
Millionen US-Dollar an oppositionelle Gruppen. Das ausführende »Büro für Transitionsinitiativen«
arbeitet zudem in Ländern wie Sudan, Afghanistan und Kuba für die »Erhaltung von demokratischer
Stabilität und die Stärkung der schwachen demokratischen Institutionen des Landes«, wofür von
2009 bis 2011 allein über 150 Millionen US-Dollar ausgegeben wurden. Auch bei Venezuelas
Verbündeten Bolivien werden regelmäßig Vorwürfe laut, die US-Entwicklungsbehörde USAID würde
sich in interne Angelegenheiten einmischen und Regierungsgegnern bei ihren
Sezessionsbestrebungen unter die Arme greifen.
Im Geschacher um das US-Budget ist den Tea-Party-Republikanern nichts zu schade. Vor einer
Woche hatte der Außenausschuss einen Beitragsstopp der Beitragszahlungen in der »Organisation
Amerikanischer Staaten« (OAS) beschlossen. Mit 48,5 Millionen US-Dollar jährlich machen die
Zahlungen aus Washington fast 60 Prozent des OAS-Budgets aus. 2009 hatte das traditionell USAfreundliche
Regionalbündnis den Putsch gegen Honduras Präsidenten Manuel Zelaya verurteilt, im
selben Jahr wurde Kuba nach seinem Ausschluss 1962 der Wiedereintritt angeboten. Einflussreiche
Republikaner deuteten dies als Zeichen wachsenden Einflusses von Venezuelas Präsidenten Hugo
Chávez. Die »Anti-US-Organisation« sei dabei, die »Demokratie in Lateinamerika zu zerstören«, so
Hardliner Mack in einer Twitter-Nachricht. Mack hatte unlängst ein Wirtschaftsembargo gegen
Caracas gefordert. Davor hatte er Chávez als »Osama bin Laden Amerikas« gebrandmarkt und
angeregt, Venezuela und seine Verbündeten auf die Liste der »Schurkenstaaten« aufzunehmen. Die
umstrittene Gesetzesinitiative muss nun das Repräsentantenhaus passieren und geht dann an den
Senat. Analysten zufolge wird sie dort wohl von der demokratischen Mehrheit abgelehnt.
»Demokratiebewegungen« müssten weiter unterstützt werden, alles andere sei »Isolationismus«, so
führende Demokraten.
* Aus: Neues Deutschland, 26. Juli 2011
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