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Mit Milliarden gegen Drogenkartelle

Sicherheitskonferenz in Zentralamerika. US-Zahlungen für "Kampf gegen Rauschgift" als zu gering kritisiert

Von Andreas Knobloch *

Als »historisch« bezeichneten einige Redner die erste Internationale Konferenz zur Sicherheit in Zentralamerika, die am Donnerstag in Guatemala zu Ende ging. Insgesamt sieben Staatschefs der Region, US-Außenministerin Hillary Clinton, die Präsidenten Mexikos und Kolumbiens sowie Vertreter von IWF und Weltbank haben sich für zwei Tage nach Guatemala-Stadt begeben, um gemeinsam über eine Unterstützung der Staaten bei ihren enormen Problemen mit der Drogenkriminalität zu verhandeln. Im Vorfeld des Gipfels war gar von einem »Hilferuf« Zentralamerikas gesprochen worden. Nach Schätzungen der Interamerikanischen Entwicklungsbank (BID) kostet die Gewalt jährlich 6,5 Milliarden US-Dollar, was knapp acht Prozent der Wirtschaftsleistung der gesamten Region ausmacht.

Insgesamt zwei Milliarden US-Dollar sollen für die Bekämpfung von Drogenkartellen innerhalb der nächsten fünf Jahre zur Verfügung gestellt werden. 80 Prozent davon sollen aus langfristigen Krediten mit niedrigen Zinsen von Weltbank und BID kommen. Der Rest sind technische Hilfen und andere Programme.

Clinton stockte zudem die US-Sofort-Zahlungen um 40 auf 300 Millionen US-Dollar auf. Sie forderte aber zugleich die Regierungen Zentralamerikas auf, die lokalen Eliten mehr in die Verantwortung zu nehmen, beispielsweise über höhere und gerechtere Steuern. »Sicherheit kann nicht auf dem Rücken der Armen finanziert werden, die Zivilgesellschaft muß ein vollständiger Partner sein, um langfristige Lösungen zu entwickeln und zu implementieren«, sagte die US-Außenministerin.

Die Präsidenten von Costa Rica, Honduras, El Salvador, Guatemala, Nicaragua, Panama und Belize bezeichneten die bereitgestellten Summen jedoch als zu gering und forderten mehr Geld von den USA. Zentralamerika sei der »schwächste Punkt, die Achillesferse« für die Sicherheit der Vereinigten Staaten, unterstrich Nicaraguas Präsident Daniel Ortega.

Gastgeber Àlavaro Colom beklagte, die zentralamerikanischen Länder gäben zusammen vier Milliarden US-Dollar für Sicherheit aus. Das sei »sehr viel Geld« im Vergleich zu den 140 Millionen US-Dollar, die jährlich aus den USA, Europa und von der Weltbank kämen. Zudem hätten diese Länder eine Milliarde US-Dollar zugesagt.

Colom mahnte, daß die zentralamerikanischen Staaten am Rande ihrer Kapazitäten stünden. Die Drogenkartelle seien nicht zu bremsen. Sie verwandelten sich in »Drogenunternehmen«, die die Ökonomien der Länder lahmzulegen drohen. Eine Tonne Kokain koste acht Menschenleben, so seine Rechnung. Er rief dazu auf, die Kosten für Maßnahmen zum Stopp des Waffenhandels sowie zur Eindämmung des Drogenkonsums und der Geldwäsche durch eine Art Notsteuer zu finanzieren. Costa Ricas Präsidentin Laura Chinchilla zeigte sich von dieser Idee nicht sonderlich begeistert. Man könne nicht weiterhin die soziale Schuldenlast verschieben, indem regressive Steuern aufgebürdet würden. Sie schlug statt dessen die Schaffung eines Kompensationsfonds für den Kampf gegen die organisierte Kriminalität vor.

Immer wieder wurde auf die Verantwortung der USA als hauptsächlicher Drogenkonsument und Waffenexporteur hingewiesen. El Salvadors Präsident Mauricio Fuentes rückte zudem die Korruption zentralamerikanischer Institutionen vor allem beim Waffenhandel in den Blickpunkt.

Rund 90 Prozent des Kokains in den USA passiert Zentralamerika. Die Mordrate ist mit 33 auf 100000 Einwohner eine der höchsten der Welt. Es wird geschätzt, daß sich rund fünf Millionen Schußwaffen unkontrolliert in Privatbesitz befinden.

* Aus: junge Welt, 27. Juni 2011


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