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Laos drängt es auf die Schiene

Republik am Mekong verfolgt ehrgeizige Eisenbahnprojekte

Von Alfred Michaelis, Vientiane *

hat das südostasiatische Laos bisher. Die Regierung in Vientiane wünscht sich jedoch viel mehr.

Es ist keine Schranke im herkömmlichen Sinne, die die Straße sperrt, sondern ein Eisengitter auf Rädern. Ein Mann rollt die Barriere auf die Auffahrt zur Freundschaftsbrücke. Er wird sie auch wieder wegrollen. Die Freundschaftsbrücke unweit der laotischen Hauptstadt Vientiane verbindet Laos mit Thailand über den Mekong hinweg. Und von dort nähert sich ein Zug. Eigentlich sind es nur zwei Triebwagen unterschiedlicher Bauart, die aneinandergekuppelt über die Brücke zuckeln und in ein paar Minuten die drei Kilometer bis zum Endbahnhof Thanaleng bewältigen. In den Waggons sitzen überwiegend Touristen, denen die kurze Bahnfahrt ins sonst eisenbahnfreie Laos schon Attraktion genug ist.

Dabei hat Laos einen Traum, der auf Schienen fährt. Die Kolonialmacht Frankreich hatte es schon bis zu einem Bahnhof und einem Stück Bahndamm gebracht, bevor der Zweite Weltkrieg das Vorhaben unterband. Der Realisierung des Traums am nächsten kam bisher das von China angeregte Projekt einer Bahnverbindung von Peking bis Singapur, eingeschlossen 418 Kilometer durch den laotischen Norden. Als Chinas damaliger Bahnminister Liu Zhijun sein Amt verlor, wurde es jedoch still um das Vorhaben.

Laos ließ indes nicht locker. Immer wieder wurden höchste Repräsentanten des Staates bei ihren chinesischen Kollegen vorstellig. Schließlich ist das Projekt in den Beschlüssen des 9. Parteitags der Laotischen Revolutionären Volkspartei vom März 2011 verankert, es soll Laos zum Transportknoten der Region machen.

Nachdem Peking einem Gemeinschaftsprojekt jedoch endgültig eine Absage erteilt hatte, beschloss man in Vientiane, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Am Rande des jüngsten Asien- Europa-Gipfels (ASEM) wurden Vereinbarungen über einen 5,4- Milliarden-Euro-Kredit unterzeichnet, den die chinesische EXIM-Bank Laos gewähren will. Der Bau der eingleisigen Strecke soll im Jahr 2013 beginnen, erste Züge sollen 2018 rollen.

Überraschend wurde während des ASEM-Gipfels sogar ein zweiter Eisenbahnvertrag unterzeichnet. Partner ist die malaysische Firma Giant Consolidated Company, die binnen fünf Jahren eine zweigleisige, 220 Kilometer lange Bahnverbindung zwischen Savannakhet und der vietnamesischen Grenze legen will. Der Bau der knapp 4 Milliarden Euro teuren Strecke soll schon im nächsten Monat beginnen. Die Ost-West- Verbindung soll Teil des ASEAN-Verkehrsnetzwerks sein, wozu sie an die Netze Vietnams und Thailands angebunden werden muss. Derzeit gibt es dort allerdings noch keine Anschlüsse, und zum Endpunkt der Verbindung nach China klafft eine Lücke von 450 Kilometern.

* Aus: neues deutschland, Mittwoch, 05. Dezember 2012


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