Bauern verlieren den Boden unter den Füßen
Regierung in Laos stoppte Vergabe von Konzessionen für ausländische Investoren
Von Alfred Michaelis, Vientiane *
Ein Problem nicht nur im südostasiatischen
Laos: Durch die Vergabe von
Landkonzessionen an ausländische
Investoren wird der Boden für die
einheimischen Bauern knapp.
Es hatte schon länger gegrummelt,
sogar von verhaltenem Aufruhr
war die Rede. Im Juni wurde
schließlich eine Reihe von Bauern
in der laotischen Südprovinz Sekong
in Gewahrsam genommen.
Ihr Vergehen: Sie hatten sich beider
Regierung darüber beklagt,
dass ihr Ackerland einer vietnamesischen
Firma zur Anlage von
Kautschukplantagen zugesprochen
worden war.
Der Bauernprotest ist nur die Spitze
des Eisbergs. Jedes Mal, wenn
in Laos die Nationalversammlung
ihre Hotline für Eingaben der Bevölkerung
freischaltet, werden vor
allem Landkonflikte vorgebracht.
Darunter machen Querelen um die
Erteilung von Landkonzessionen
für ausländische Investitionen in
Bergbau und Plantagenwirtschaft
den Löwenanteil aus. Der Regierung
drohte die Entwicklung aus
den Händen zu gleiten, und so zog
sie die Reißleine: Auf Anordnung
des Premierministers wird es bis
Ende 2015 keine neuen Konzessionen
mehr geben.
Kenner wissen allerdings, dass
die laotische Regierung nicht zum
ersten Mal offiziell die Vergabe von
Landkonzessionen aussetzt. 2007
war bereits ein Moratorium verhängt
worden, das 2009 in einen
Rechtsakt zur Vergabe größerer
Ländereien mündete. Örtlichen
Verwaltungen wurde erlaubt, industrielle
Plantagen bis 150 Hektar
zu genehmigen. Für größere Flächen
war die Zentralregierung
einzuschalten, ab 10 000 Hektar
gar das Parlament. In der Praxis
hatte das jedoch offenbar nicht den
gewünschten Effekt. Planungsund
Investitionsminister Somdy
Douangdy räumte vor dem Parlament
ein, dass staatliche Stellen oft
keine Übersicht darüber hatten,
wie das Land vor der Vergabe
überhaupt genutzt wurde. So waren
Konflikte von Beginn an programmiert.
Immerhin kündigte der
Minister an, die Bevölkerung fortan
in Entscheidungen über die
Nutzung der Ländereien einzubeziehen.
Wie sich das auf bestehende
Verträge auswirkt und ob es
überhaupt Wirkung zeigen wird,
bleibt abzuwarten.
Im Internet machen Berichte
darüber die Runde, dass ausländische
Investoren die örtlich zu bewilligenden
150 Hektar beantragen,
die Flächen später aber extrem
ausweiten. Selbst die Ankündigung
des Planungsministeriums
Anfang Mai, der Regierung ein
Moratorium für Konzessionen
vorzuschlagen, war von der sonst
wenig kritischen Presse mit Skepsis
aufgenommen worden. Die Erteilung
einer Konzession an chinesische
Investoren noch nach der
Ankündigung wurde prompt als
Bestätigung für den Argwohn genommen.
Welches Ausmaß das Problem
annimmt, verdeutlichen jüngst von
der »Vientiane Times« veröffentlichte
Zahlen. Demnach sind bereits
23 Prozent des Landesterritoriums
von Bergbaukonzessionen
betroffen. Meist handelt es sich
zunächst um Erkundungsgenehmigungen.
Für industrielle Plantagen,
in der Mehrzahl Kautschuk,
Eukalyptus und Zuckerrohr, wurden
Verträge über etwa 429 000
Hektar abgeschlossen. Das entspricht
knapp 70 Prozent der gesamten
Anbaufläche von Nassreis.
* Aus: neues deutschland, Mittwoch, 4. Juli 2012
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