Laoten zurück aufs Reisfeld?
Krisenstrudel erfasst auch ärmste Staaten
Von Michael Senberg, Vientiane *
3000 Arbeiter werden entlassen. In Laos, einem der am wenigsten
entwickelten Länder der Erde.
Bei knapp
6 Millionen Einwohnern gibt es rund 100 000 Industrie-Arbeitsplätze . Da
sind 3000 schon eine
ganze Menge.
Die Firma, die mit Entlassung droht, heißt Lane Xang Mineral und gehört
OZ Minerals, dem
drittgrößten Bergbauunternehmen Australiens. Lane Xang Mineral baut in
Laos Gold und Kupfer ab. In der Mine sind etwa 5000 Menschen
beschäftigt, 3000 davon als Tagelöhner. Sie stammen aus
den umliegenden Dörfern und werden nun nicht mehr gebraucht. Denn der
Preis für Kupfer ist
eingebrochen, von knapp 9000 US-Dollar pro Tonne auf unter 3000, bei
einem Herstellungspreis
von 2600 Dollar. Ein Sprecher der Bergbaubehörde der Provinz Savannakhet
empfahl den
Betroffenen, zurück aufs Reisfeld zu gehen, bis die Lage wieder unter
Kontrolle ist.
Sowohl mit Gold als auch mit Kupfer hatte Lane Xang Mineral zuletzt
kräftig verdient, solange die
Weltmarktpreise ein Mehrfaches über den kalkulierten lagen. Aber die
Meldung aus der Goldgrube
ist nicht die einzige, die die laotische Regierung unruhig macht. Das
Land hat keine Börse und kennt
weder den Handel mit zweifelhaften Finanzprodukten noch
Immobilienkreditblasen. Sein
Bruttoinlandsprodukt beläuft sich auf ein Bruchteil der andernorts durch
die Medien geisternden
Rettungsmilliarden für Banken und Autobauer. Hier aber wagt an Hilfe
kaum einer zu glauben.
Das relativ stabile Wachstum der vergangenen Jahre – 7 bis 8 Prozent –
wurde überwiegend durch
ausländische Direktinvestitionen getragen, in deren Gefolge auch die
heimische Wirtschaft gerade
anzuspringen versprach. Doch nun stehen weitere Investitionen in der
Sternen. Neben dem Bergbau
zählt vor allem der Wasserkraftsektor zu den Zugpferden der Wirtschaft.
Doch der für 2009 geplante
Baubeginn für vier große Projekte in Laos wurde inzwischen bereits
aufgeschoben. Das fünfte
Großvorhaben, ein Braunkohlekraftwerk mit 1800 Megawatt Leistung und 1
Milliarde Dollar
Investitionsbedarf, wurde ebenfalls gestoppt.
Bis wann die Starre dauern wird, wagt niemand zu sagen. Kredite sind
ohnehin schwer zu
bekommen, für Strom noch weniger, da keiner weiß, wie sich die
Wirtschaft im benachbarten
Thailand entwickeln wird. Thailand ist der Hauptabnehmer laotischen
Stroms, doch schrumpft dort
die Wirtschaft, geht auch der Stromverbrauch zurück. Schon während der
Asienkrise 1997 hatten in
diesem Fall einheimische Stromerzeuger Vorrang vor Importen.
Zweite Stütze der laotischen Entwicklung ist die internationale Hilfe.
Durch sie werden rund 80
Prozent aller öffentlichen Infrastrukturprojekte finanziert, von der
Straße bis zur Schule. Aber werden
die gewaltigen Rettungs- und Konjunkturprogramme der entwickelten
Staaten nicht vielleicht doch
die Entwicklungshilfe schrumpfen lassen?
In dieser Lage beginnen sich innere Kräfte zu rühren.
Wirtschaftsexperten in Laos rufen nach
Förderung von Klein- und Mittelunternehmen, die auf dem einheimischen
Markt operieren. Sie hatten sich schon in der Asienkrise als robustester
Teil der Wirtschaft erwiesen. Doch für wirksame
Förderprogramme braucht man, was im Moment so knapp erscheint: Geld.
Dabei hatte das
Wachstum der letzten Jahre eben erst eine Diskussion über die Erhöhung
des staatlichen
Mindestlohns, der bislang etwa 26 Euro im Monat beträgt, in Gang
gesetzt. Wirtschaftsvertreter
weisen nun darauf hin, dass überzogene Forderungen die ohnehin schwache
Wettbewerbsfähigkeit
der laotischen Exportbetriebe weiter in Mitleidenschaft ziehen würden.
Fest steht, dass wohl niemand von der globalen Krise verschont bleibt.
Und der Weg aufs Reisfeld
steht auch nicht allen offen.
* Aus: Neues Deutschland, 22. Dezember 2008
Zurück zur Laos-Seite
Zurück zur Homepage