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Krieg und Korruption

Kuwaitische Logistikgruppe betrügt US-Armee um eine Milliarde Dollar. Justiz strengt Strafverfahren an

Von Pratap Chatterjee, Washington (IPS) *

Die in Kuwait ansässige Logistikgruppe »Agility« soll die US-Armee um eine Milliarde Dollar betrogen haben. Washington beschuldigt das zu den weltweit zehn größten Versorgungsfirmen gehörende Unternehmen, die Essenslieferungen für US-Truppen im Irak zu überhöhten Preisen abgerechnet zu haben. Der bereits mehrmals ausgesetzte Termin für ein Strafverfahren gegen Agility wurde jetzt auf den 8. Februar festgelegt.

Nach Presseberichten hat der Logistikgigant der Staatsanwaltschaft die Zahlung eines Bußgelds von 600 Millionen US-Dollar angeboten. Mit dem außergerichtlichen Deal will der Konzern einem drohenden Strafprozeß um Rückzahlungsforderungen von bis zu einer Milliarde Dollar entgehen.

Nach eigenen Angaben hatte die aus der »Public Warehousing Corporation« (PWC) hervorgegangene Agility-Gruppe während des Kriegs im Irak die dort operierenden US-Streifkräfte im Mittleren Osten täglich mit einer Million Mahlzeiten versorgt. Inzwischen ist PWC/Agility am Horn von Afrika in Dschibuti Vertragspartner der US-amerikanischen Entwicklungsbehörde (USAID). Bis vor einem Monat waren auch Lieferungen für im Süden von Afghanistan stationierte US-Truppen geplant.

Die gegen Agility erhobenen Betrugs- und Korruptionsvorwürfe sind nicht neu. Im November 2005 führte Kamal Mustafa Al-Sultan, ein ehemaliger Geschäftspartner und Vetter des Firmengründers und Agility-Vorstandsvorsitzenden Tarek Abdul Aziz Sultan Al-Essa, gegen das Unternehmen einen Prozeß. Er wurde nach eigenen Angaben um seinen Gewinnanteil geprellt, weil er die korrupten Machenschaften nicht unterstützen wollte. Nach einer Überprüfung der Vorwürfe schloß sich das US-Justizministerium der Klage an und leitete am 9. November 2009 ein Strafverfahren gegen PWC/Agility ein.

Anfangs war PWC Teil des von der Sultan-Familie im Mittleren Osten aufgebauten Imperiums von Supermarktketten und Großkaufhäusern. Gegen Ende der 90er Jahre tat sich Tarek Sultan mit ehemaligen US-Soldaten zusammen und bewarb sich um die Übernahme lukrativer Projekte der Washingtons. In einem Interview mit IPS räumte Kamal Sultan Anfang Januar 2002 ein, er habe einem Joint Venture mit Vetter Tarek zugestimmt, damit PWC als qualifizierter Bewerber um einen Lieferauftrag für US-Soldaten in der Golfregion auftreten konnte.

Beim US-Militär hat Agility mächtige Befürworter. In seinen Werbebroschüren zitiert das kuwaitische Unternehmen auch den derzeitigen Oberbefehlshaber der Region, General David Petraeus, mit dem Satz: »Im Irak hat Agility ein Wunder vollbracht.«

Wie immer auch das von der US-Justiz angestrengte Strafverfahren gegen Agility ausgehen mag, das Logistik-Unternehmen mußte schon jetzt Federn lassen. Das Pentagon hat es von weiteren Aufträgen ausgeschlossen und es auf seine Schwarze Liste gesetzt. Agilitys ehemaliger Geschäftspartner »DynCorp« entzog ihm Ende Dezember einen wichtigen Logistikkontrakt für in Südafghanistan stationierte US-Soldaten. Ende Dezember kündigte die Kuwaiter Börse an, den Handel mit Agility-Aktien bis zur juristischen Klärung der Vorwürfe einzustellen.

* Aus: junge Welt, 4. Februar 2010


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