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ALBA gegen US-Propaganda

Lateinamerikanischer Staatenbund protestiert gegen Twitter-Kopie der USAID auf Kuba

Von Volker Hermsdorf *

Das Vorgehen der US-Entwicklungsbehörde USAID, die mit der Twitter-Kopie »ZunZuneo« einen Umsturz auf Kuba befördern wollte, hat mehrere Regierungen Lateinamerikas und der Karibik in Alarm versetzt und wird zunehmend zu einem internationalen Skandal. Am Sonnabend haben die neun Mitgliedsländer des regionalen Staatenbundes ALBA-TCP die geheimdienstliche Aktion der US-Behörde als »neues illegales Projekt der Subversion und Einmischung gegen unsere Völker« angeprangert. Die Regierung Boliviens hatte Washington bereits am Donnerstag eine »Verletzung internationalen Rechts« vorgeworfen. Auch in der Tageszeitung New York Times stellte der US-Journalist Peter Kornbluh »die absolute Mißachtung der Souveränität« Kubas durch die USA fest.

Medienberichte hatten Anfang des Monats aufgedeckt, daß die USAID von 2009 bis 2012 jugendliche Kubaner mit dem Angebot geködert hatte, ihnen über den eigens dafür geschaffenen Twitter-Klon »ZunZuneo« einen kostenlosen Austausch von Handy-Mitteilungen zu ermöglichen (jW berichtete). Die Opfer wußten nicht, daß der US-Geheimdienst sie über dieses Projekt mit fingierten SMS-Meldungen gegen ihr Land aufwiegeln und zu Massenprotesten nach dem Modell »Arabischer Frühling« aufstacheln wollte. Sprecher des Weißen Hauses, des Außenministeriums und der USAID bestätigten inzwischen das mit 1,6 Millionen Dollar von der US-Regierung finanzierte Geheimprojekt, bestritten aber dessen illegalen Charakter. Nach Ansicht von Kritikern sind die Erklärungen der US-Regierung allerdings wenig glaubwürdig, da »ZunZuneo« zur Verschleierung der Urheberschaft der USA über Tarnfirmen in Spanien und Banken auf den Cayman-Inseln installiert worden war.

Die ALBA-Mitglieder (Venezuela, Bolivien, Ecuador, Nicaragua, Kuba, St. Lucia, Dominica, Antigua und Barbuda sowie St. Vincent und die Grenadinen) werfen den USA vor, mit dieser Vorgehensweise internationale Vereinbarungen zur Nutzung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien gebrochen zu haben. In einer gemeinsamen Erklärung betonen die Länder ihre Solidarität mit Volk und Regierung der sozialistischen Karibikinsel. Zugleich fordern sie diejenigen Staaten, deren Territorien von der USAID zu den rechtswidrigen Angriffen auf die Souveränität und Stabilität Kubas mißbraucht wurden, zur Zusammenarbeit auf. Die ALBA-Länder weisen darauf hin, daß die USAID ähnliche »illegale und unmoralische Praktiken« bereits gegen andere Mitglieder des Bündnisses angewendet hatte. Boliviens Regierung ermahnte die USA deshalb offiziell, »das internationale Recht, das in der UN-Charta festgelegte Prinzip der Gleichberechtigung der Staaten und das Selbstbestimmungsrecht der Nationen zu respektieren.«

Der US-amerikanische Journalist und Lateinamerika-Experte Peter Kornbluh konkretisierte in der vergangenen Woche in einem Beitrag für die New York Times, daß die US-Aktionen gegen Kuba »illegal« gewesen seien. Die USAID, die 1961 als »Entwicklungshilfeorganisation« gegründet worden sei, »um dabei zu helfen, die Herzen und Köpfe der Menschen in armen Ländern für die USA zu gewinnen«, wetteifere zur Zeit mit der CIA um die Destabilisierung Kubas. Dies, warnte Kornbluh, werde ihre Akzeptanz weltweit weiter in Frage stellen. Er erinnerte daran, daß die Organisation bereits im Kalten Krieg als Tarnung für verdeckte CIA-Operationen gedient hatte. Eines der infamsten Beispiele sei das »Büro für die öffentliche Sicherheit« gewesen, ein von der USAID angeblich für Polizeieinheiten im »Cono Sur« (Südteil Südamerikas) betriebenes Ausbildungsprogramm, in dem tatsächlich aber auch Folterspezialisten trainiert worden waren.

Es sehe danach aus, daß die »Entwicklungshilfeagentur« mehr und mehr die Aufgaben der CIA übernehme, kommentierte Kornbluh und wies darauf hin, daß die USAID von der US-Regierung Jahr für Jahr Millionen Dollar für ein »Kuba-Demokratieprojekt« erhält, dessen wichtigste Aufgabe darin bestehe, mit allen Mitteln einen Systemwechsel in Kuba herbeizuführen

* Aus: junge Welt, Dienstag 22. April 2014


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