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Reden und zuhören

US-Kongreßabgeordnete in kubanischer Hauptstadt von Fidel Castro empfangen

Von Andreas Knobloch, Havanna *

Es wird heftig spekuliert über ein Ende der US-amerikanischen Wirtschafts- und Handelsblockade gegen Kuba seit Barack Obama George W. Bush an der Spitze des Weißen Hauses abgelöst und eine Neubewertung der Kuba-Politik angekündigt hat.

Doch bis dahin sei »noch viel Arbeit nötig«, so die demokratische US-Kongreßabgeordnete Barbara Lee, gleichzeitig Führerin des Congressional Black Caucus, der die afroamerikanischen Mitglieder repräsentiert, während ihres Besuches in Havanna. Sie und weitere sechs Parlamentarier der Demokratischen Partei Obamas weilten seit vergangenem Freitag (3. April) in der kubanischen Hauptstadt, um nach Wegen zu suchen, wie das belastete Verhältnis der Länder normalisiert werden kann. Die Gruppe erklärte ausdrücklich, auf persönliche Initiative hin zu reisen und keine konkreten politischen Forderungen oder Angebote der amerikanischen Regierung zu überbringen. Sie seien gekommen, um »zu reden und zuzuhören«.Dabei waren sie am Dienstag überraschend auch mit dem früheren kubanischen Staatschef Fidel Castro zusammengetroffen. Dieser bezeichnete das fast zweistündige Treffen mit Lee sowie den Abgeordneten Bobby Rush und Laura Richardson in seiner auf cubadebate.cu veröffentlichten Kolumne als wunderbar (»magnífico«). »Das Interesse und die Tiefgründigkeit, mit der sie ihre Sicht der Dinge darlegten, war herzerfrischend, die Aufrichtigkeit und die Qualität ihrer Worte einfach und tiefsinnig. (...) Es ist offensichtlich, daß sie Obama kennen und ihm gegenüber Vertrauen, und Sympathie hegen«, so Fidel.

Am Montag abend (6. April) war die Parlamentsdelegation aus Washington vom kubanischen Präsidenten Raúl Castro bereits zu einem vierstündigen Gespräch empfangen worden, an dem unter anderen auch der kubanische Parlamentspräsident Ricardo Alarcón und der neue Außenminister Bruno Rodríguez teilnahmen. Über den Inhalt der Gespräche wurde zunächst nichts bekannt. Nach einem Bericht der staatlichen kubanischen Tageszeitung Juventud Rebelde ging es bei dem Treffen um die »mögliche zukünftige Entwicklung der bilateralen Beziehungen und der wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen den beiden Ländern«.

Politische Beobachter werteten das Treffen als erstes Zeichen für Tauwetter in den eisigen Beziehungen beider Länder. In seiner Kolumne vom Sonntag hatte Fidel Castro seinen Wunsch nach einer »Normalisierung der Beziehungen« zwischen beiden Staaten bekräftigt. Nach dem Amtsantritt von Präsident Obama sei der »historische Moment« dazu gekommen. Kuba »fürchte nicht« den Dialog mit seinem ideologischen »Gegner«, so Fidel. »Wir brauchen keineswegs die Konfrontation, um zu überleben, wie einige Dumme denken; wir existieren, gerade weil wir an unsere Ideen glauben und niemals Angst hatten, mit dem Widersacher in Dialog zu treten.«

Die Vereinigten Staaten betreiben seit 1962 eine Wirtschafts- und Handelsblockade gegen Kuba. In den vergangenen Wochen haben selbst republikanische US-Politiker das Embargo als gescheitert bezeichnet und seine Aufweichung gefordert. Auch Obama hatte bekundet, das Wirtschaftsembargo lockern und den Dialog mit Kuba beleben zu wollen. Anfang März hatte der Kongreß in Washington das Reisen von Exilkubanern nach Kuba erleichtert sowie Beschränkungen für den Kauf von Lebensmitteln und Medikamenten durch die kubanische Regierung in den USA aufgehoben.

Nach einem Bericht des Wall Street Journals plant Obama weitere Reiseerleichterungen. So sollen kubanischstämmige US-Bürger ihre Familien in Kuba so oft besuchen dürfen, wie sie wollen. Zudem solle es künftig möglich sein, Angehörigen auf Kuba finanzielle Hilfen in unbegrenzter Höhe zu überweisen. Die entsprechende Regelung könnte ohne Zustimmung des Kongresses eingeführt werden.

Es wird spekuliert, daß Obama die Maßnahmen noch vor dem Treffen der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) vom 17. bis 19. April in Trinidad und Tobago verkündet. Als »Geste« gegenüber den lateinamerikanischen Staaten, die sich vermehrt für eine Wiederaufnahme Kubas in die OAS, aus der das Land 1964 auf Druck der USA ausgeschlossen wurde, und eine Aufhebung der Blockadepolitik aussprechen.

* Aus: junge Welt, 9. April 2009


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