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UNO erteilt Kuba-Blockade der USA erneute Abfuhr

187 Staaten verurteilen Washingtons Embargopolitik

Von Harald Neuber *

Zum 19. Mal verurteilte die UNO-Generalversammlung am Dienstag (26. Okt.) in New York die US-Blockade gegen Kuba. Washington stellt sich dennoch stur.

Als am Dienstagnachmittag (26. Okt.) in der UNO-Generalversammlung Tagesordnungspunkt 41 zu Debatte und Abstimmung stand, war das Ergebnis allen Beteiligten von vornherein klar. Zum inzwischen 19. Mal brachte die Länderdelegation Kubas einen Antrag zur Verurteilung der US-amerikanischen Blockade ein, die Washington unter John F. Kennedy 1962 gegen den sozialistischen Inselstaat verhängt hatte, nachdem schon seit 1960 Einschränkungen im Handel verfügt worden waren. Das Ergebnis hätte auch in diesem Jahr klarer nicht sein können. 187 Mitgliedstaaten der Weltorganisation votierten für den kubanischen Antrag und gegen die aggressive US-Politik. Nur die USA und ihr Alliierter Israel stimmten gegen das Papier aus Havanna. Drei Kleinstaaten – die Marshall-Inseln, Mikronesien und Palau – enthielten sich.

Bei der ersten Abstimmung am 24. November 1992 hatten noch 59 Länder für die kubanische Resolution gestimmt. Die Mehrheit der UNO-Mitgliedstaaten enthielt sich, drei wanden sich dagegen. Mit der zunehmenden Integration Kubas in die internationale Gemeinschaft hat sich das Stimmverhältnis fast vollständig zuungunsten der USA verändert. Selbst die Vertreter der deutschen Bundesregierung und anderer EU-Staaten, die noch am Vortrag bei einem EU-Treffen in Luxemburg für die Beibehaltung der antikubanischen »Gemeinsamen Position« der EU gestimmt hatten, wandten sich in New York unter dem Druck der Mehrheit gegen die US-Blockadepolitik.

Der kubanische Beschlusstext beruft sich – wie schon in den Vorjahren – auf das völkerrechtliche Gleichheitsprinzip zwischen den Staaten, den Grundsatz der Nichteinmischung und die Ablehnung von Interventionen sowie die Handels- und Bewegungsfreiheit. Wie der Korrespondent der kubanischen Nachrichtenagentur Prensa Latina bei der UNO berichtet, wandte sich die Resolution in diesem Jahr auch explizit gegen jüngere Blockadebestimmungen wie das so genannte Helms-Burton-Gesetz und andere Regelungen, mit denen die USA Unternehmen aus Drittstaaten Strafen androhen, sofern sie mit Kuba Geschäfte unterhalten. Das Helms-Burton-Gesetz und andere vergleichbare Bestimmungen hatten nach ihrer Etablierung Mitte der 1990er Jahre auch für Spannungen zwischen den USA und der EU geführt.

In seiner Rede zum Antrag konnte sich Kubas Außenminister Bruno Rodríguez leicht auf das klare Votum berufen. Die Politik der USA gegen Kuba habe weder eine ethische oder gesetzliche Grundlage noch besitze sie Glaubwürdigkeit, sagte Havannas Chefdiplomat vor den Delegationen der 192 Mitgliedstaaten. Rodríguez erinnerte zugleich daran, dass zahlreiche internationale Bündnisse die US-Blockade gegen sein Land abgelehnt haben. Zu ihnen zählten die Blockfreienbewegung, die Iberoamerikanischen Gipfeltreffen und Zusammenkünfte der Staaten Lateinamerikas, der Karibik und Europas, die Afrikanische Union und die AKP-Staaten aus Afrika, der Karibik und dem Pazifik. Selbst in den USA, so Rodríguez unter Berufung auf aktuelle Umfragewerte, wenden sich inzwischen 71 Prozent der Bevölkerung gegen die andauernde Blockadepolitik. »Auch wenn dieser wirtschaftliche Druck (durch die Blockade) das größte Hemmnis für die Entwicklung Kubas ist, können wir unleugbare Resultate im Kampf gegen Armut und Hunger vorweisen«, sagte Havannas Außenminister weiter.

In anderen Staaten der Region traf die Blockade der USA ebenfalls auf deutliche Kritik. Der venezolanischen Parlamentsabgeordnete Héctor Navarro bezeichnete die Abstimmung in der UNO als »Parodie«. Der Umstand, dass die USA trotz fast vollständiger Isolation an der Kuba-Blockade festhalten, belege die Notwendigkeit einer umfassenden Reform der UNO, sagte der Politiker der in Venezuela regierenden Vereinten Sozialistischen Partei in einer Sendung des staatlichen Fernsehkanals VTV.

* Aus: Neues Deutschland, 28. Oktober 2010


187:2 für Kuba

Vereinte Nationen verurteilen Blockadepolitik der USA. Kritik auch an der Europäischen Union

Von André Scheer **


Zum 19. Mal seit 1992 hat die UN-Vollversammlung am Dienstag in New York den Wirtschaftskrieg der USA gegen Kuba verurteilt. 187 Staaten stimmten für die von Havanna eingebrachte Resolution unter der Überschrift »Notwendigkeit der Beendigung der Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade der Vereinigten Staaten von Amerika gegen Kuba«, nur zwei – die USA selbst und Israel – votierten dagegen, es gab drei Enthaltungen. Kuba feiert damit einen neuen Rekord, denn im vergangenen Jahr hatte es noch drei Gegenstimmen gegeben. Doch der kleine Pazifikstaat Palau enthielt sich diesmal der Stimme, ebenso wie seine Nachbarn Mikronesien und Marshall-Inseln.

Einsamer Verteidiger

Der US-Botschafter bei den Vereinten Nationen, Ronald D. Godard, versuchte vor dem Plenum, die Ablehnung der Resolution durch sein Land zu verteidigen. Das »Embargo« verfolge das Ziel, »zu einer offeneren Entwicklung in Kuba und größerem Respekt für die Menschenrechte zu ermutigen«. Wer beklage, daß die US-Sanktionen der Grund für Entbehrungen des kubanischen Volkes seien, »sollte sich daran erinnern, daß die USA keine Restriktionen bei humanitärer Hilfe für Kuba erlassen haben und Kubas größter Lebensmittellieferant sind«.

Sichtlich empört ergriff Kubas Außenminister Bruno Rodríguez daraufhin zum zweiten Mal in der Tagung das Wort. Nachdem er in seiner ersten Rede zur Begründung des kubanischen Antrags berichtet hatte, daß die Blockade unter anderem verhindert, daß an Netzhautkrebs leidende Kinder operiert werden können, weil der einzige Hersteller der dafür benötigten Geräte das US-Unternehmen Iris Medical Instruments ist, unterstrich Rodríguez nun: »Wie könnte man rechtfertigen, daß die kubanischen Kinder bestraft werden, wie es hier beschrieben wurde?« Er warf dem US-Vertreter Lügen vor: »Die Verkäufe von Agrarprodukten verletzen alle Normen und Praktiken des internationalen Handels.« Tatsächlich hatte selbst die US-Kommission für Internationalen Handel, eine Bundesagentur der Regierung in Washington, schon im Juni 2009 einen umfangreichen Bericht zu den Blockadeauswirkungen veröffentlicht. Mit Stand von 2007 wird darin eingeschätzt, daß die unzähligen bürokratischen Hindernisse, notwendigen Sondergenehmigungen sowie Reisebeschränkungen, mit denen sich US-Lebensmittelunternehmen konfrontiert sehen, wenn sie Geschäfte mit Kuba machen wollen, jährlich Schäden in einem Umfang von rund einer Milliarde US-Dollar verursachen.

Der belgische UN-Botschafter Jan Grauls begründete im Namen der EU die Zustimmung der Gemeinschaft zu der Resolution mit den Auswirkungen der Blockade auf Drittländer und erklärte: »Das Wirtschafts-, Handels- und Finanzembargo der Vereinigten Staaten trägt zu den Wirtschaftsproblemen Kubas bei und beeinflußt negativ den Lebensstandard des kubanischen Volkes«. Zugleich forderte der Diplomat die Regierung in Havanna auf, »ihren Bürgern die international anerkannten politischen, wirtschaftlichen und Bürgerrechte und Freiheiten vollständig zu gewähren«.

Menschenrechte

»Wir sind bereit, über Menschenrechtsverletzungen in Kuba zu sprechen«, reagierte der kubanische Außenminister auf solche Vorhaltungen der EU und der US-Delegation. »Anfangen können wir beim Konzentrationslager Guantánamo, in dem gefoltert wird.« Die EU habe weder eine moralische noch politische Autorität, um Menschenrechtsverletzungen anzuprangern, so Rodríguez: »Sie sollte sich besser um ihre brutale Politik gegen Immigranten, die Abschiebung von Minderheiten, die gewaltsame Unterdrückung von Demonstrationen und die zunehmende gesellschaftliche Ausgrenzung ihrer Arbeitslosen und einkommensschwachen Schichten kümmern.« Außerdem träume die Europäische Union, wenn sie glaube, daß die Beziehungen zu Kuba normalisiert werden könnten, ohne den von ihr 1996 verabschiedeten »Gemeinsamen Standpunkt« zum Karibikstaat aufzuheben. Zu Wochenbeginn hatten die EU-Außenminister in Luxemburg erneut eine endgültige Entscheidung über das Papier vertagt und die EU-Kommission beauftragt, bis Dezember mit Kuba bilaterale Verhandlungen zu führen. Rodríguez reagierte darauf skeptisch: »Es heißt nun, daß der sogenannte Gemeinsame Standpunkt überwunden ist. Das werden wir sehen, die Tatsachen werden es zeigen.«

** Aus: junge Welt, 28. Oktober 2010


United Nations - General Assembly
Sixty-fifth session, Agenda item 41

Necessity of ending the economic, commercial and financial embargo imposed by the United States of America against Cuba

The General Assembly,

Determined to encourage strict compliance with the purposes and principles enshrined in the Charter of the United Nations,

Reaffirming, among other principles, the sovereign equality of States, non-intervention and non-interference in their internal affairs and freedom of international trade and navigation, which are also enshrined in many international legal instruments,

Recalling the statements of the Heads of State or Government at the Ibero- American Summits concerning the need to eliminate the unilateral application of economic and trade measures by one State against another that affect the free flow of international trade,

Concerned about the continued promulgation and application by Member States of laws and regulations, such as that promulgated on 12 March 1996 known as “the Helms-Burton Act”, the extraterritorial effects of which affect the sovereignty of other States, the legitimate interests of entities or persons under their jurisdiction and the freedom of trade and navigation,

Taking note of declarations and resolutions of different intergovernmental forums, bodies and Governments that express the rejection by the international community and public opinion of the promulgation and application of measures of the kind referred to above,

Recalling its resolutions 47/19 of 24 November 1992, 48/16 of 3 November 1993, 49/9 of 26 October 1994, 50/10 of 2 November 1995, 51/17 of 12 November 1996, 52/10 of 5 November 1997, 53/4 of 14 October 1998, 54/21 of 9 November 1999, 55/20 of 9 November 2000, 56/9 of 27 November 2001, 57/11 of 12 November 2002, 58/7 of 4 November 2003, 59/11 of 28 October 2004, 60/12 of 8 November 2005, 61/11 of 8 November 2006, 62/3 of 30 October 2007, 63/7 of 29 October 2008 and 64/6 of 28 October 2009,

Concerned that, since the adoption of its resolutions 47/19, 48/16, 49/9, 50/10, 51/17, 52/10, 53/4, 54/21, 55/20, 56/9, 57/11, 58/7, 59/11, 60/12, 61/11, 62/3, 63/7 and 64/6, further measures of that nature aimed at strengthening and extending the economic, commercial and financial embargo against Cuba continue to be promulgated and applied, and concerned also about the adverse effects of such measures on the Cuban people and on Cuban nationals living in other countries,

1. Takes note of the report of the Secretary-General on the implementation of resolution 64/6;[1]

2. Reiterates its call upon all States to refrain from promulgating and applying laws and measures of the kind referred to in the preamble to the present resolution, in conformity with their obligations under the Charter of the United Nations and international law, which, inter alia, reaffirm the freedom of trade and navigation;

3. Once again urges States that have and continue to apply such laws and measures to take the necessary steps to repeal or invalidate them as soon as possible in accordance with their legal regime;

4. Requests the Secretary-General, in consultation with the appropriate organs and agencies of the United Nations system, to prepare a report on the implementation of the present resolution in the light of the purposes and principles of the Charter and international law and to submit it to the General Assembly at its sixty-sixth session;

5. Decides to include in the provisional agenda of its sixty-sixth session the item entitled “Necessity of ending the economic, commercial and financial embargo imposed by the United States of America against Cuba”.

[1] A/65/83.

Source: www.un.org; Document: A/65/L.3

The resolution received 187 votes in favour to 2 against (United States and Israel), with 3 abstentions (Federated States of Micronesia, the Marshall Islands and Palau).
26 October 2010




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