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UNO-Ermittler: Kim-Regime gehört vor Gericht

Schwere Vorwürfe im Genfer Menschenrechtsrat gegen die Führung von Nordkorea *

Nordkoreas Regierende gehören nach Ansicht von Menschenrechtsexperten vor Gericht. Verbrechen gegen die Menschlichkeit dürften nicht ungestraft bleiben.

UNO-Ermittler haben die Vereinten Nationen zur strafrechtlichen Verfolgung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Nordkorea aufgerufen. Die Partei- und Staatsführung unter Kim Jong Un sei direkt für Verbrechen wie systematische Folter sowie massenhafte Morde und Vergewaltigungen verantwortlich, erklärte der Leiter der von den UN berufenen Nordkorea-Kommission, Michael Kirby, am Montag vor dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen in Genf. Pjöngjang wirft der Expertengruppe indes vor, Nordkorea im Auftrag des Westens zu diffamieren.

Unter Hinweis auf den Naziterror appellierte Kirby an die internationale Gemeinschaft, juristisch gegen das Regime in Nordkorea vorzugehen. Damals habe die Welt gesagt »niemals wieder«. Sie dürfe angesichts der Grausamkeiten gegen weite Teile der nordkoreanischen Bevölkerung nicht länger gleichgültig sein. Kirby erklärte, der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag sei die richtige Instanz für Ermittlungen gegen Nordkoreas Führung.

Die Europäische Union unterstützte in einer Stellungnahme die Einschaltung des Haager Gerichtshofs, der tätig werden müsse, wenn Straflosigkeit für Verbrechen gegen die Menschlichkeit drohe. Diplomaten halten es jedoch für wenig wahrscheinlich, dass der Menschenrechtsrat zum Abschluss seiner Frühjahrssitzung Ende März eine Resolution verabschiedet, mit der die Aufforderung an den UNO-Sicherheitsrat ergeht, den IStGH mit Ermittlungen zu beauftragen. Diese Forderung wird bislang von der UN-Vetomacht China und einer Reihe afrikanischer Staaten, die den Gerichtshof nicht anerkennen, abgelehnt. Kirby präsentierte den 47 Mitgliedsstaaten des Menschenrechtsrates – unter ihnen Deutschland – den auf zahlreichen Zeugenaussagen beruhenden Bericht seiner Untersuchungskommission. Darin heißt es, Nordkorea sei ein totalitärer Staat, in dem Menschen, die das Regime als politisch unzuverlässig betrachte, systematisch ermordet oder als Arbeitssklaven missbraucht, gefoltert, vergewaltigt und ausgehungert werden.

Dazu werde im Auftrag der Partei- und Staatsführung ein System von Straflagern mit derzeit bis zu 120 000 Gefangenen betrieben. Kaum jemand könne diese Lager lebend verlassen. In den vergangenen 50 Jahren seien dort wahrscheinlich Hunderttausende von Häftlingen umgekommen. Für die Verbrechen könnten nach Einschätzung der Kommission »mehrere hundert« Menschen verantwortlich sein. »Ein Großteil der Verantwortung« wird der Staatsführung zugewiesen.

Das nordkoreanische Machtgefüge ist ganz auf Staatschef Kim Jong Un ausgerichtet. Er ist der dritte Machthaber der Kim-Dynastie und steht seit dem Tod seines Vaters Kim Jong Il Ende 2011 an der Spitze der Machtpyramide. Dessen Vater, Kim Il Sung, begründete den streng hierarchischen Machtapparat.

Nordkoreas UNO-Botschafter So Se Pyong, der vor dem Rat als Vertreter des betroffenen Landes sprach, bezeichnete den Bericht als »Fabrikation«. Dieser sei Teil einer »Kampagne feindlicher Kräfte auf dem Gebiet der Menschenrechte gegen die Demokratische Volksrepublik Korea«. Forderungen nach Einschaltung des IStGH seien »verzweifelte Versuche, unser soziales System mit Hilfe absurder Provokationen zu eliminieren«.

* Aus: neues deutschland, Dienstag, 18. März 2014


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