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Antikommunistische Hysterie

Südkorea: Zwölf Jahre Haft für linken Abgeordneten wegen "Verschwörungsplänen". Repression gegen Gewerkschaften

Von Michael Streitberg *

Vom UN-Menschenrechtsrat wurde bei der Eröffnung seiner Hauptsitzung am Montag scharfe Kritik an Nordkorea wegen der Verletzung von Menschenrechten geäußert. Dagegen verstärkt Südkoreas Regierung weitgehend ungestört ihre Repression gegen die politische Linke des Landes.

Erst Mitte Februar war Lee Seok Ki, Parlamentsabgeordneter der Vereinigten Progressiven Partei (UPP), auf der Grundlage des unter Südkoreas rechter Diktatur 1948 erlassenen »Nationalen Sicherheitsgesetzes« zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Sechs ebenfalls angeklagte Mitglieder der UPP erhielten Freiheitsstrafen zwischen vier und sieben Jahren. »Die Regierung benutzt das Gesetz, um den politischen und ökonomischen Status quo aufrechtzuerhalten«, erklärte dazu der Vorsitzende der UPP, Hong ­Se Hwa, nach einem Bericht der britischen Zeitung Guardian vom Dienstag.

Zur Last gelegt worden war Lee die Beteiligung an einer vermeintlich pro-nordkoreanischen Verschwörung um eine Gruppe namens »Revolutionäre Organisation«. Laut Anklage plante sie im Falle eines Krieges zwischen Süd- und Nordkorea, den Vormarsch des Nordens durch Sabotageakte und Anschläge auf südkoreanische Infrastruktur zu unterstützen. Als Beweis für Lees Schuld wertete das Gericht von einem Geheimdienstagenten angefertigte Tonbandmitschnitte eines Gesprächs zwischen dem Abgeordneten und einigen Unterstützern in einer Kirche in Seoul.

Die UPP erklärte, Thema des Gesprächs seien die Möglichkeiten zur Verhinderung eines Krieges auf der koreanischen Halbinsel gewesen. Die linke Partei tritt für eine friedliche Wiedervereinigung der beiden Länder ein und kritisiert dabei auch die militärische Kooperation zwischen Südkorea und den USA.

Laut Guardian vermutet sie, daß der Geheimdienst NIS die Bänder nachträglich manipulierte, um Lee in Mißkredit zu bringen. »Dies ist eindeutig ein politischer Prozeß, der die Uhren um 40 Jahre zurückdreht«, ließ die Partei verlautbaren. Inzwischen strengt die Regierung bereits ein Verbotsverfahren gegen die UPP an – wegen Verbreitung »nordkoreanischer Ideologie«.

Seit 2007 nahmen Ermittlungsverfahren gegen Personen, denen Propaganda für den Norden vorgeworfen wird, deutlich zu. Das Jahr markiert die Ablösung der liberalen Regierung mit deren »Sonnenscheinpolitik«, einem Kurs zur Entspannung des Verhältnisses zwischen den beiden Staaten. Mit der Regierungsübernahme durch die Große Nationalpartei (GNP), ein Sammelbecken von Anhängern der bis 1988 bestehenden prowestlichen Militärdiktatur, fand diese Politik ein jähes Ende. Mit dem außenpolitischen Säbelrasseln einher ging eine verschärfte politische Repression nach innen.

2o13 wurden laut Guardian 103 Personen wegen Verstoßes gegen das »Sicherheitsgesetz« verurteilt – die höchste Anzahl seit zehn Jahren. 2012 wurden fast 40000 politisch mißliebige Internetseiten gesperrt; 2008 waren es noch 4700.

Das schwammig formulierte Gesetz bietet Spielraum bei der Verfolgung von Personen, die »antistaatliche Gruppen loben, ihre Ansichten verbreiten oder mit ihnen kooperieren«. Einsatz findet es nicht ausschließlich, aber in erster Linie gegen die politische Linke. Im Februar wurde ein 74jähriger Mann verurteilt, der Nordkorea gelobt haben soll. Eine Woche zuvor erhielt ein junger Mann eine Gefängnisstrafe von zehn Monaten für das Weiterverbreiten nordkoreanischer Twitter-Nachrichten.

Auch gegen die Gewerkschaftsbewegung geht die Regierung mit aller Härte vor. Mehrere Führungsmitglieder des kämpferischen und etwa 678000 Mitglieder starken Dachverbands KCTU sowie weitere Gewerkschafter befinden sich noch immer in Haft, nachdem mit dem bislang größten Eisenbahnerstreik im Dezember die vorläufige Rücknahme von Regierungsplänen zur Bahnprivatisierung erkämpft worden war. Nachdem die Polizei die KCTU-Zentrale erstürmt hatte, war es Ende des Monats zu Straßenschlachten in der Hauptstadt Seoul gekommen.

Der Lehrergewerkschaft wurde zudem nach einem Streik von 10000 Lehrkräften im vergangenen Oktober kurzerhand ihr Status als Tarifpartnerin entzogen. Daher ruft der Internationale Gewerkschaftsbund (IGB), dem auch der DGB angehört, zur Solidarität mit den von Repression Betroffenen auf. Kritik am Vorgehen des Staates äußerte auch Amnesty International.

* Aus: junge Welt, Donnerstag, 6. März 2014


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