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Mit Kernwaffen gedroht

Der Korea-Krieg vor 50 Jahren: General MacArthur wollte ganze Städte "pulverisieren"

Den folgenden Beitrag über den vor 50 Jahren-Krieg haben wir der Wochenzeitung "Freitag" entnommen.


Von Rainer Werning

Von 1910 bis 1945 war Korea eine japanische Kolonie. Sehnlichst hatten die Koreaner gehofft, dass das Ende des II. Weltkrieges ihnen endlich Freiheit bescheren würde. Doch bereits vor der Kapitulation Japans hatten sich die USA und die Sowjetunion darauf verständigt, Korea in zwei Besatzungszonen aufzuteilen und das Land zunächst als Treuhänder zu verwalten. Nördlich des 38. Breitengrades hatte die Rote Armee das Sagen und stützte durch ihre Präsenz die antijapanischen Partisanenverbände des späteren Präsidenten Kim Il Sung. Im südlichen Teil landeten US-Militärverbände, die dem konservativen, eigens aus den USA eingeflogenen Politiker Rhee Syngman zur Macht verhalfen. Überall in Korea engagierten sich damals Volkskomitees für die Unabhängigkeit und Einheit des Landes. Im Süden gerieten sie in die Schusslinie Rhees und seiner verhassten Sicherheitskräfte, von denen etliche bereits unter den Japanern gedient hatten.

Da sich im Nachbarland China bereits ein Sieg der von Mao Zedong geführten Kommunistischen Partei abzeichnete, wurde Korea zum Schauplatz des Kalten Krieges zwischen den USA und der UdSSR. Am 15. August 1948 konstituierte sich im Süden der Halbinsel mit amerikanischer Hilfe die Republik Korea. Am 9. September 1948 zog der Norden nach und rief - mit sowjetischer Unterstützung - die Demokratische Volksrepublik aus. Damit war die Teilung des Landes besiegelt. Dabei plädierten beide Seiten weiterhin für die staatliche Einheit. In den Hauptstädten Seoul und Pjöngjang ertönte schrille Propaganda, die Einheit notfalls gewaltsam zu erzwingen. Bewaffnete Provokationen an der Demarkationslinie entlang des 38. Breitengrades häuften sich. Und am 25. Juni 1950 überschritten nordkoreanische Truppen diese Grenze. Wenige Tage später nahmen sie die südkoreanische Metropole Seoul ein. Danach stießen sie bis zur Hafenstadt Pusan im tiefen Süden des Landes vor. Unter dem Eindruck dieser Operationen startete General Douglas MacArthur, Oberkommandierender der US-Streitkräfte und gleichzeitig Kommandeur der von den Vereinten Nationen entsandten und aus 15 Staaten rekrutierten Truppen, eine Gegenoffensive. Als diese den Yalu erreichte, den Grenzfluss zwischen Nordkorea und der Volksrepublik China, schickte Mao Zedong Freiwilligenverbände an die Front. MacArthur drohte daraufhin sogar mit dem Einsatz von Atombomben, um grenznahe chinesische Städte zu "pulverisieren".

Drei Jahre dauerte dieser Krieg, in dem die damals modernsten Waffen eingesetzt wurden, darunter auch bakteriologische, Anthrax (Milzbrand) erregende Mittel (*). Über eine Million Zivilisten wurden getötet. Nach UN-Angaben kamen außerdem eine Million Soldaten aus Nordkorea und China sowie 250.000 aus Südkorea und knapp 55.000 US-amerikanische GIs ums Leben.

Erst nach monatelangem diplomatischen Ringen war 1953 das Waffenstillstandsabkommen ausgehandelt, unterzeichnet von Nordkorea, der Volksrepublik China und dem US-amerikanischen General Mark W. Clark im Auftrag der UNO. Südkoreas damaliger Präsident Rhee Syngman weigerte sich nicht nur, das Abkommen zu unterschreiben, er wollte den Krieg fortsetzen. Erst als die US-Regierung einem bilateralen Sicherheitspakt zustimmte, ihr in Südkorea stationierter Oberbefehlshaber auch die Kommandogewalt über die südkoreanischen Truppen übernahm und der südkoreanischen Seite beträchtliche Wirtschafts- und Militärhilfe in Aussicht gestellt wurde, erklärte sich auch Rhee bereit, die Waffenstillstandsklauseln zu respektieren.

So komplex die Gründe waren, die zum Koreakrieg geführt hatten, so vielfältig sind die Probleme, die auf der Halbinsel Stabilität und normale nachbarschaftliche Begegnungen bis heute erschweren. Weiterhin trennt eine 240 Kilometer lange so genannte "entmilitarisierte Zone" den Norden vom Süden. Ein Euphemismus ohnegleichen: Tatsächlich stehen sich dort fortgesetzt eine Million Soldaten gegenüber, darunter im Süden 37.500 GIs.

Es sollte fast ein halbes Jahrhundert dauern, bis sich im Juni 2000 die Staatschefs beider Seiten erstmals zu persönlichen Gesprächen über eine Wiedervereinigung des Landes trafen. Seitdem hat es zwar erste Besuche von Familienangehörigen diesseits und jenseits der Grenze gegeben. Eine dauerhafte Friedenslösung in Korea und Nordostasien ist jedoch kaum möglich, solange die Bush-Administration Südkoreas "Sonnenscheinpolitik" gegenüber Nordkorea unterläuft, die Volksrepublik als Teil der "Achse des Bösen" geißelt und der Führung in Pjöngjang mit "harten Maßnahmen" droht.

(*) s. Stephen Endicott / Edward Hagerman (1999), The United States and Biological Warfare: Secrets from the Early Cold War and Korea, Indianapolis: Indiana University Press

Aus: Freitag: Die Ost-West-Wochenzeitung 30, 18. Juli 2003


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