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Uribes Mann

Der kolumbianische Kaffeebaron wird neuer Verteidigungsminister

Von Martin Ling *

Zwei Monate brauchte Kolumbiens Präsident Álvaro Uribe, um einen der wichtigsten Posten in seinem Kabinett neu zu besetzen: den des Verteidigungsministers. Gabriel Silva löst in einem Monat den im Mai zurückgetretenen Juan Manuel Santos ab, der sich in Kolumbien im März 2008 durch den völkerrechtswidrigen Überfall auf ein Lager der FARC-Guerilla in Ecuador einen Namen gemacht hat und in dessen Amtszeit auch die Befreiung der prominentesten FARC-Geisel Ingrid Betancourt fiel.

Was Gabriel Silva für die Aufgabe prädestiniert, ist nicht klar, schließlich hat er keine militärische Erfahrung. In einem Land, das von einem seit Jahrzehnten andauernden Bürgerkrieg gebeutelt wird, hätte das eine Grundanforderung an den Verteidigungsminister sein können. Immerhin stammt Gabriel Silva wie sein Vorgänger aus der Kaffeeoligarchie des Landes und führt seit 2002 den Verband der Kaffeeproduzenten in Kolumbien. Und beim Bürgerkrieg geht es im Kern um die Verteidigung der Interessen der kolumbianischen Oligarchie, denn der Konflikt hat seine Wurzeln in extremer sozialer Ungleichheit und lässt sich ohne grundlegende gesellschaftliche Reformen nicht beenden.

Als Verbandsboss der Kaffeeproduzenten wird dem studierten Politologen Silva jedoch ein gutes Zeugnis ausgestellt. Ihm sei es gelungen, die Kaffeemarke »Juan Valdez« weit über Kolumbien hinaus bekannt zu machen, heißt es. Politische Erfahrung kann Silva auch vorweisen. In den 80er Jahren hatte er dem damaligen Präsidenten Virgilio Barco als außenpolitischer Berater zur Seite gestanden. 1990 wurde er für vier Jahre als Botschafter seines Landes nach Washington berufen, wo er nebenbei kräftig Lobby für die kolumbianische Kaffeeindustrie machte. Direkt nach seiner Botschaftertätigkeit verbrachte er zwei Jahre bei der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) und galt dort als vehementer Fürsprecher der von Bush senior einst erdachten gesamtamerikanischen Freihandelszone. Die ist mittlerweile Geschichte -- wie die Präsidentschaften von Bush senior und junior. Der Wind in Lateinamerika hat sich gedreht. Außer in Kolumbien: Dort hält Uribe an seinem kompromisslosen Krieg gegen Guerilla und soziale Bewegungen fest. Silva wird nun sein Exekutor.

* Aus: Neues Deutschland, 29. Juli 2009


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