Kakaoseife für den Frieden
Kosmetikfirma Lush unterstützt San José de Apartadó in Kolumbien
Von Leila Dregger *
Es ist eine Kooperation der ungewöhnlichen Art: Die britische Kosmetikfirma Lush bezieht seit
diesem Juli Bio-Kakaobohnen aus der kolumbianischen Friedensgemeinde San José de Apartadó,
die sich gewaltfrei gegen den Bürgerkrieg stemmt.
Die Region Urabá in Nordkolumbien gehört zu den gewaltreichsten Regionen der Erde. Vor 13
Jahren haben sich über 1000 Bauern und Flüchtlinge zum Friedensdorf San José de Apartadó
zusammengeschlossen, um sich mit gewaltfreien Mitteln gegen die Vertreibung wehren. Jetzt
erhalten sie Unterstützung – von einer Kosmetikfirma aus England. Im Juli 2011 trafen die ersten 25
Tonnen Bio-Kakaobohnen der Friedensgemeinde bei Lush ein.
Lush kennt man durch Schaufensterauslagen in Fußgängerzonen, die scheinbar aus lauter kleinen
Törtchen und Pasteten bestehen – in Wirklichkeit sind es »frische, handgemachte« Seifen und
Cremes. Ihre saftigen Preise sind begründet: Sie kaufen ihre Rohstoffe konsequent aus ökologischer
Herstellung, tierversuchsfrei und dem fairen Handel.
Die Kakaobohnen der Friedensgemeinde San José de Apartadó werden zunächst auf ihre Qualität
und Verwendbarkeit geprüft. Dann wird etwa 1/3 zu Kakaobutter verarbeitet, die Grundlage vieler
Lush-Produkte. Für die restlichen 2/3 sucht Lush noch einen Kooperationspartner, der Kakao oder
Schokolade herstellt.
Paul Mellett, Scout der Firma und früherer Greenpeace-Aktivist, hat für diesen Vorgang monatelang
bürokratische Kleinarbeit auf sich genommen, um die entsprechenden Zertifikate und
Einfuhrgenehmigungen zu erhalten.
»Die ganze Belegschaft stand hinter mir, als ich im vergangenen Jahr vorschlug, das Friedensdorf
zu unterstützen«, erklärt Mellett. »Alle waren begeistert, dass wir mit unserer Arbeit sogar Leben
retten können. Wenn es gut läuft, werden wir unsere Kooperation ausdehnen. Wir können sehr viel
mehr Kakaobutter verarbeiten.«
Die Friedensgemeinde mit ihren 1300 Bewohnern wird nicht vom Staat geschützt, im Gegenteil,
mehr als 200 Mitglieder, darunter auch viele Kinder, wurden von Paramilitär und teilweise auch von
Soldaten umgebracht. Ihr Land liegt in einer strategisch wertvollen und umkämpften Region nahe
der panamesischen Grenze, wo freie Bauern vielen ein Dorn im Auge sind. Im ganzen Land wurden
über 4 Millionen Kleinbauern von ihrem Land vertrieben.
Auch der ökonomische Druck auf die Campesinos ist immens: Ihre Hauptprodukte – Bananen und
Kakao – können im Land selbst kaum gewinnbringend verkauft werden, zu groß ist die Konkurrenz
der großen Konzerne. Viele Bauern der Region lassen sich deshalb zum Koka-Anbau erpressen.
Nicht so die Friedensgemeinde.
Arley Tuberquia, ein Mitglied der Friedensgemeinde: »Die Statuten, die wir uns selbst gegeben haben, verbieten uns nicht nur die Teilnahme am bewaffneten Kampf, sondern auch Alkohol und
Drogen. Es ist eine Frage unserer Menschenwürde, unser Land in Frieden und durch intakte
Dorfgemeinschaften zu bewirtschaften. Mittlerweile gibt es weitere Friedensgemeinden im ganzen
Land. Wir bauen das meiste an, was wir zum Leben brauchen, aber wir brauchen auch die
Möglichkeit, einen Teil unserer Produkte zu verkaufen.«
»Fairer Handel ist eine Möglichkeit, diese mutigen Menschen in ihrem gewaltfreien Widerstand zu
unterstützen«, betont Mellet. Er schließt nicht aus, dass Lush demnächst auch Bananenmilch mit
Rohstoffen aus der Friedensgemeinde anbietet.
Übrigens: Auch Schokolade aus San José ist bereits in Europa erhältlich. »Choco de Paz« von
Gepa gibt es seit 2008 exklusiv in Weltläden und enthält einen Anteil von Kakao aus dem
Friedensdorf.
Mehr Information: www.lush.com, www.sos-sanjose.org
* Aus: Neues Deutschland, 30. August 2011
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