Maisbauern fühlen sich bedroht
Einigung über Freihandelsabkommen zwischen USA und Kolumbien
Von Tommy Ramm, Bogotá*
Fast zwei Jahre zäher Verhandlungen zwischen Wirtschaftsvertretern der
USA und Kolumbiens endeten dieser Tage in einem Durchbruch für ein
Freihandelsabkommen. Ab 2008 sollen die Einfuhrzölle zwischen beiden
Ländern fallen.
Der Optimismus unter den Kolumbianern über das bilaterale
Freihandelskommen mit dem größten Handelspartner USA hält sich in
Grenzen. Die Mehrheit der Bevölkerung erwartete bereits während der
Verhandlungen, die sich über 22 Monate hinzogen, mehr Nachteile. Mit dem
nun ausgearbeiteten Entwurf dürfte es der kolumbianischen Regierung
schwer fallen, dieses Abkommen als Erfolg zu verkaufen. Wenn die meisten
Zölle wie geplant ab dem Jahr 2008 auf beiden Seiten abgeschafft werden,
steht die Existenz tausender Familien in der kolumbianischen
Landwirtschaft auf dem Spiel.
Die reinen Zahlen sprechen zunächst eine andere Sprache: Für 99,9
Prozent der kolumbianischen Produkte soll es zollfreien Zugang zum
US-Markt geben, während etwa 80 Prozent US-Produkte steuerfrei in
Kolumbien eingeführt werden können. Doch diese haben es für die weniger
diversifizierte kolumbianische Wirtschaft in sich. Etwa die freie
Einfuhr von subventioniertem Mais und Reis aus den USA dürfte das
wirtschaftliche Ende für ganze Landstriche bedeuten. Knapp 400 000
Kolumbianer pflanzen auf weniger als drei Hektar Land ohne technisches
Gerät im Jahr 2,1 Millionen Tonnen Mais an. In insgesamt 211 Bezirken
hängt die Hälfte der Einkommen allein vom Verkauf dieses Produktes ab.
Versuche der Regierung in Bogotá, die Einfuhren von US-Mais zu
beschränken, scheiterten letztlich an der sturen Haltung der Vertreter
Washingtons.
Um die absehbaren Folgen aufzufangen, hat die kolumbianische Regierung
ein Hilfspaket von jährlich rund 200 Millionen Euro für die einheimische
Landwirtschaft angekündigt. Diese Summe soll mit den positiven Effekten
des Freihandels finanziert werden. Ob dies gelingen kann, ist indes
nicht absehbar. So geht die kolumbianische Nationalbank davon aus, dass
die Exporte in die USA bis 2010 von aktuell 8,5 Milliarden US-Dollar
kaum steigen werden. Sie verweist auf das gemischte Ergebnis laufender
Freihandelsabkommen mit den USA: Nur drei Staaten konnten ihre Exporte
in die Vereinigten Staaten steigern, zwei fielen zurück. Länder, die
kein Freihandelsabkommen mit Washington unterschrieben haben – wie
bisher auch Kolumbien –, wiesen ein höheres Exportwachstum mit den USA
auf.
Dennoch geht die kolumbianische Regierung davon aus, dass der Freihandel
die Wirtschaft in Schwung bringen wird. Neben höheren Exporten in die
USA erwartet sie auch wachsende ausländische Investitionen und fallende
Konsumpreise im Land, was zu mehr Arbeitsplätzen führen soll. Nicht
wenige Kolumbianer fragen sich aber, womit diejenigen, die ihr Einkommen
verlieren werden, die billigeren Importe bezahlen sollen.
* Aus: Neues Deutschland, 2. März 2006
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