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Kolumbien: Friedenskonferenz gescheitert

Wieder heftige Kämpfe

Am 18. Oktober 2000 war eine Friedenskonferenz von Regierung und einigen linksgerichteten Rebellenorganisationen ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Die Farc-Guerilla, die größte Rebellenorganisation in Kolumbien, hatte an den Verhandlungen erst gar nicht teilgenommen. Im Anschluss an die erghebnislosen Verhandlungen kam es wieder zu heftigen Kämpfen. Die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (Farc) griffen nach Mitteilung der kolumbianischen Armee am 18. und 19. Oktober zwei Provinzstädte an. Bei einem "Gegenangriff" stürzte in der Nähe von Dabeiba im Nordwesten Kolumbiens ein Kampfhubschrauber der Armee mit 22 Menschen an Bord ab. Nach Angaben der Luftwaffenführung gab es Tote, deren Zahl war zunächst aber nicht bekannt.

Nach Armeeangaben behielt die Polizei trotz der Belagerung durch die Farc am Donnerstag, den 19. Oktober, die Kontrolle über die Stadt Dabeiba. Zuvor hatten die Rebellen den Ort angegriffen und dabei mehrere Regierungsgebäude beschädigt. Dabei sei ein Polizist getötet worden. Im Südwesten an der Grenze zu Ecuador griff die Farc die Stadt Bagadó an. Dort wurde ebenfalls ein Polizist getötet, 16 galten zunächst als vermisst. Die Polizeikaserne, das Bürgermeisteramt und die Filiale der Telekommunikationsgesellschaft wurden zerstört.

Trotz der Anwesenheit der Armee seien die Kämpfer der Farc und rechte Paramilitärs "überall", sagte der Bürgermeister der Ortschaft Puerto Asis, Manuel Alvarez. Im Südwesten kämpft die Guerilla gegen rechte Paramilitärs. Der Gouverneur der betroffenen Provinz Putumayo, Alvaro Salas, warnte wegen der anhaltenden Kämpfe vor einer drohenden Lebensmittelknappheit, obwohl die Regierung bereits 120 Tonnen Nahrungsmittel einfliegen ließ. Bereits 4.300 Menschen flohen Regierungsangaben zufolge nach Ecuador.

Die Regierung von Präsident Andrés Pastrana verhandelt seit rund einem Jahr mit der Farc. Beide Seiten konnten sich bislang jedoch nicht auf eine Waffenruhe einigen. In dem seit fast vier Jahrzehnten andauernden Konflikt zwischen linksgerichteten Guerilleros, rechten Paramilitärs und der Armee sind in Kolumbien seit 1964 mehr als 120.000 Menschen getötet worden. Mehr als zwei Millionen Menschen flüchteten aus den Kampfgebieten.

Überraschende Ankündigung aus Washington

Washington schließt unterdessen Finanzhilfen für die Guerilla nicht mehr aus. Der US-Unterstaatssekretär für die Andenregion, Bill Brownfield, ließ am Donnerstag verlauten, solche Hilfen wären mit strengen Auflagen hinsichtlich eines Friedensprozesses möglich, wenn sich die Rebellen in die lokale Politik integrierten, statt weiter zu morden.

Lateinamerika verweigert Unterstützung für US-Plan

Lateinamerika hat dem umstrittenen Antidrogen-Hilfsplan der USA für Kolumbien die Unterstützung verweigert. In der am späten Donnerstagabend 19. Oktober 2000) im brasilianischen Manaus veröffentlichten Abschlusserklärung der 4. Konferenz der Verteidigungsminister des amerikanischen Kontinents wurde eingeräumt, das Drogenproblem bedrohe die Sicherheit und den Frieden der Region. Die US-Delegation hatte während des Treffens versucht, den Teilnehmern eine ausdrückliche Solidaritätserklärung abzuringen. Die Nachbarn Kolumbiens, darunter insbesondere Brasilien und Venezuela, befürchten aber, dass die intensivere militärische Bekämpfung der Drogenproduzenten zu einem "Export" des Konflikts vor allem in den schwer zu überwachenden Amazonas-Regenwald führt.

Der US-Vize-Außenminister James Bodner sagte in Manaus, das Milliarden-Projekt solle "mit oder ohne Solidarität" der Lateinamerikaner durchgeführt werden.

Nach: Frankfurter Rundschau, 21.10.2000

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