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Mission in Sachen Betancourt

Kouchner in Kolumbien und Venezuela: Vier Gefangene vor Freilassung?

Von Timo Berger *

Die »Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens« (FARC) sind nach Angaben des französischen Außenministers Bernard Kouchner zur Freilassung eines weiteren Abgeordneten bereit. Damit könnten demnäch insgesamt vier kolumbianische Exparlamentarier freikommen, die seit über sechs Jahren von den Rebellen festgehalten werden. »Der Präsident Hugo Chávez hat uns zugesichert, es gebe einen vierte Geisel, die freigelassen würde, nicht nur drei«, erklärte Kouchner am Mittwoch nach einem Gespräch mit dem venezolanischen Präsidenten in Caracas.

Die Freilassung solle »in den kommenden Tagen oder in den kommenden Wochen« erfolgen, so Kouchner gegenüber der Presse. Den Namen der vierten Geisel wollte er allerdings nicht nennen. Dies sei Sache von Chávez. Beobachtern zufolge könnte es sich um den Exsenator Jorge Eduardo Géchem handeln. Der Chef der französische Diplomaten wertete die angekündigte humanitäre Aktion als bedeutenden Fortschritt, der »den anderen Gefangenen Hoffnung geben« und eventuell den »Weg zum Frieden« ebnen werde.

Anfang Februar hatte die FARC bereits die Freilassung der drei ehemaligen Abgeordneten Gloria Polanco, Luis Eladio Pérez und Orlando Beltrán in Aussicht gestellt. Als Grund nannten die Rebellen gesundheitliche Probleme der Gefangenen sowie eine »Geste der Anerkennung« für die Bemühungen der Vermittler. Neben Chávez vermittelt die kolumbianische Senatorin Piedad Córdoba zwischen der Regierung in Bogotá und der Guerilla. Nach den Vorstellungen der FARC soll die Übergabe der Gefangenen auch diesmal vom venezolanischen Präsidenten organisiert werden. Bereits Mitte Januar hatte sich Chávez erfolgreich für die Freilassung zweier vor sechs Jahren verschleppter FARC-Gefangenen eingesetzt: der ehemaligen Abgeordneten Consuelo González und von Clara Rojas, der Wahlkampfleiterin der Ex-Präsidentschaftskandidatin Íngrid Betancourt.

Die Grünenpolitikerin Betancourt, die sowohl kolumbianische als auch französische Staatsbürgerin ist, befindet sich immer noch in den Händen der FARC. Ihre Freilassung ist eine der außenpolitischen Prioritäten der Regierung Sarkozy. Kouchner reiste deshalb im Anschluß an das Treffen mit Chávez in die kolumbianische Hauptstadt Bogotá weiter. Dort wollte er sich am Donnerstag beim kolumbianischen Präsidenten Àlavaro Uribe für ein humanitäres Abkommen zur Befreiung der Gefangenen einsetzen.

Die Guerilla hält in dem südamerikanischen Land schätzungsweise zwischen 700 und 1000 Menschen fest und macht damit Druck auf die Regierung. Die Rebellen wollen 42 Gefangene im Austausch gegen rund 500 FARC-Kämpfer freilassen, die in kolumbianischer Haft sitzen. Damit dieser Austausch stattfinden kann, haben die Rebellen die Entmilitarisierung zweier Gemeinden im Süden des Landes zur Bedingung gemacht. Uribe ist zwar dazu bereit, über einen Gefangenenaustausch zu verhandeln, hat aber bislang den Abzug der kolumbianischen Streitkräfte aus einem Teil des Staatsgebietes strikt abgelehnt.

** Aus: junge Welt, 22. Februar 2008


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