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Schon wieder "Tulpenrevolution" in Kirgisien?

Opposition kündigt Massenproteste gegen Regierung an

Von Tomasz Konicz*

Der im Juli vergangenen Jahres gewählte Präsident Kirgisiens, Kurmanbek Bakijew, gerät immer stärker unter innenpolitischen Druck. Bakijew galt bis vor kurzem als ein Musterdemokrat. Er kam in Zuge der prowestlichen »Tulpenrevolution« Kirgisiens an die Macht, die im März 2005 seinen Amtsvorgänger, Askar Akajew, aus dem Amt fegte. Doch nun sieht er sich mit ähnlichen Vorwürfen konfrontiert wie seinerzeit Akajew. Oppositionelle Kräfte werfen ihm autoritäres Gebaren, Korruption und Mißwirtschaft vor. Mit dem am 21. April zurückgetretenen Wirtschafts- und Handelsminister Almazbek Atambajew, der zugleich Chef der westlich orientierten, Sozialdemokratischen Partei des Landes ist, gewann die Opposition eine prominente Führungspersönlichkeit. Für den heutigen Samstag planen die oppositionellen Kräfte eine Großdemonstration in der Hauptstadt Bischkek, die den Präsidenten vor allem zu einer Verfassungsreform zwingen soll, die seine Macht stark einschränken würde. »Sollte die Regierung den Forderungen der Protestierenden nicht nachgeben, werden wir ihren Rücktritt erzwingen«, so der Oppositionspolitiker Temir Sarijew gegenüber der US-amerikanischen Nachrichtenagentur AP.

Die Mobilisierung der ehemaligen Kampfgefährten Bakijews erfolgt zu einem sensiblen Zeitpunkt. Bischkek befindet sich in der Endphase sehr harter Verhandlungen mit den USA bezüglich des von der US Air Force seit 2001 genutzten Luftwaffenstützpunkts Manas. Bakijew fordert ultimativ bis zum 1. Juni eine Verhundertfachung der amerikanischen Pachtzahlungen auf 200 Millionen US-Dollar jährlich, ansonsten habe die US-Armee Krigisien zu verlassen. Die USA würden somit ihren letzten Stützpunkt in Zentralasien verlieren, nachdem die US-Präsenz in Usbekistan auf Drängen der usbekischen Führung um Islam Karimow im November 2005 beendet werden mußte.

Dieser offene Streit mit den USA markiert den vorläufigen Höhepunkt einer graduellen außenpolitischen Neuausrichtung des strategisch ungemein günstig zwischen Rußland und China gelegenen zentralasiatischen Staates. Bakijew kooperiert – vor allem auf dem Gebiet der Sicherheitspolitik – immer offener mit Rußland. Schon sei 2003 unterhält die russische Armee einen Stützpunkt in Kirgisien, doch verlangt Bischkek hierfür keinerlei Zahlungen. Bei seiner letzten Rußlandvisite am 24. April – der fünften seit Amtsantritt – stimmte Krigisiens Präsident zudem einer Ausweitung der russischen Militärpräsenz in seinem Land zu, für 2006 sind gemeinsame Manöver geplant. Beide Länder wollen zudem verstärkt wirtschaftlich zusammenarbeiten, die russische Seite ist besonders an Investitionen im kirgisischen Energiesektor (Wasserkraftwerke) interessiert.

Die Kooperation zwischen den Sicherheitsdiensten beider Länder soll inzwischen ebenfalls sehr gut funktionieren. Nach Meldungen der Nachrichtenagentur AIA hat der russische Geheimdienst FSB der Führungsriege um Bakijew Informationen über die westliche Finanzierung der kirgisischen Oppositionskräfte geliefert. Laut FSB sollen das US Department of State, die CIA und der exilierte russische Oligarch Boris Beresowski Parteien und NGOs in Krigisien unterstützen, die eine Neuauflage der »Tulpenrevolution« anstreben würden.

* Aus: junge Welt, 29. April 2006


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