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Kenia: Wahlwiederholung gefordert

Eine Viertelmillion Menschen auf der Flucht - Odinga bietet Kibaki Regierungsbeteiligung an


Wahlwiederholung gefordert

Die Partei von Oppositionsführer Raila Odinga in Kenia hat am Freitag (4. Januar) eine Wiederholung der Präsidentschaftswahl vom 27. Dezember gefordert. Ein erneuter Urnengang solle binnen drei Monaten stattfinden, sagte der Generalsekretär von Odingas Orange Democratic Movement (ODM), Anyang Nyongo, in Nairobi. Bis dahin solle eine Übergangsregelung gefunden werden, die eine Wahl »nach transparenten und demokratischen Spielregeln« ermöglichen solle. Die Regierung wies die Forderung der ODM kurz darauf zurück. Sie werde sich Erpressung niemals beugen, so ein Regierungssprecher.

Für Freitag hatte die ODM erneut zu einem Massenprotest gegen die angebliche Wiederwahl von Amtsinhaber Mwai Kibaki aufgerufen. Zunächst blieb es in Nairobi ruhig, in den Elendsvierteln waren die meisten Läden geschlossen, nur vereinzelt gab es Proteste. Eine am Donnerstag in Nairobi geplante Großkundgebung war abgesagt worden, nachdem die Polizei gewaltsam gegen Teilnehmer vorgegangen war. Schwerbewaffnete Polizeieinheiten hatten Wasserwerfer und Tränengas eingesetzt, um die Demonstranten zurückzudrängen. »Wir werden nicht aufgeben, bis es eine klare Lösung dieser Krise gibt, die durch den Wahlbetrug ausgelöst wurde«, sagte ein ODM-Sprecher.

Nach Einschätzung des als Vermittler in Nairobi agierenden südafrikanischen Friedensnobelpreisträgers Desmond Tutu ist Präsident Kibaki grundsätzlich zur Bildung einer Koalitionsregierung mit der Opposition bereit. Sowohl die Regierung als auch die ODM hätten sich offen für Verhandlungen gezeigt, sagte Tutu am Freitag. Insofern gebe es Grund zur Hoffnung. Die EU und die USA hatten am Donnerstag die Bildung einer solchen Koalitionsregierung gefordert. Washington schickte Unterstaatssekretärin Jendayi Frazer »zu Gesprächen« in das ostafrikanische Land, wie am Donnerstag in Washington mitgeteilt wurde. Frazer ist die für Afrika zuständige Abteilungsleiterin im US-Außenministerium. Sie sollte mit Kibaki und Odinga zusammentreffen, um die beiden Kontrahenten zu »ermutigen, eine gemeinsame Lösung zu suchen«, erklärte das Außenamt in Washington.

Aus dem politischen Konflikt nach der Wahl wurde ortsweise auch ein ethnischer: Mitglieder der Volksgruppe Odingas, die Luo, kämpften seither gegen die Kikuyu, zu der auch Kibaki gehört. Diese stellen mit rund 20 Prozent der Bevölkerung die größte der 42 ethnischen Gruppen im Land.

Der Generalstaatsanwalt Amos Wako forderte unterdessen eine »unabhängige Überprüfung des Wahlergebnisses«, die Modalitäten blieben jedoch unklar. Die Opposition lehnt eine solche von der Regierung eingesetzte »Untersuchung« ab. Ähnliche Kommissionen in Kenia arbeiteten oft Jahre, ohne schließlich Ergebnisse zu veröffentlichen.
(AFP/AP/jW)

* Aus: junge Welt, 5. Januar 2008


Letzte Meldungen

Odinga bietet Kibaki in Kenia Regierungsbeteiligung an

Im Konflikt um den Ausgang der Präsidentenwahl in Kenia hat Oppositionschef Raila Odinga dem umstrittenen Wahlsieger Mwai Kibaki eine Regierungsbeteiligung angeboten. "Um die Krise beizulegen, sind wir zu Gesprächen bereit, und im Zuge dieses Vorgehens bin ich sogar willens, Herrn Kibaki in die Regierung aufzunehmen", sagte Odinga dem britischen Rundfunksender BBC. Er habe kein Problem damit, die Macht zu teilen, betonte Odinga. Zuvor hatte sich die US-Sondergesandte Jendayi Frazer erneut um die Beilegung der innepolitischen Krise in Kenia bemüht und sich mit Kibaki und Odinga getroffen Anzeige

Der zum Gewinner ausgerufene Amtsinhaber Kibaki und Odinga beanspruchen beide den Sieg bei der Wahl vom 27. Dezember für sich, was in Kenia eine Welle der Gewalt mit Hunderten Toten ausgelöst hatte. Kibaki bot Odinga am Wochenende seinerseits an, eine Einheitsregierung in dem ostafrikanischen Land zu bilden, was der Oppositionschef aber ablehnte. Er und seine Anhänger werfen Kibaki massiven Wahlbetrug vor.

US-Unterstaatssekretärin Frazer habe mit beiden Seiten verhandelt, sagte ein Vertreter der US-Botschaft in Nairobi der Nachrichtenagentur AFP. Am Freitag hatte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon Kibaki und Odinga telefonisch zum Dialog aufgerufen. Papst Benedikt XVI. forderte die Konfliktparteien auf, den Unruhen im Land unverzüglich ein Ende zu machen. Durch den Streit um den Wahlausgang wurde Kenia von einer Welle der Gewalt überrollt, durch die mehr als 360 Menschen starben und Hunderttausende Menschen zur Flucht getrieben wurden. In Behelfslagern mit Tausenden Flüchtlingen drohen Hunger und akute Seuchengefahr.

Nach Schätzungen der Vereinten Nationen (UNO) sind in Kenia inzwischen bis zu einer Viertelmillion Menschen auf der Flucht. In der Rift-Valley-Region im Westen des Landes bräuchten rund 100.000 Menschen sofort Hilfe, hieß es. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR brachte Nothilfe für die Binnenvertriebenen auf den Weg. Das Welternährungsprogramm (WFP) startete einen Konvoi mit 20 Lastwagen, die von Mombasa aus 670 Tonnen Lebensmittel ins Hochland fahren sollten.

"Lebensmittel und Trinkwasservorräte werden bedenklich knapp", warnte der Landeschef der Hilfsorganisation Merlin, Wubeshet Woldermariam: "Die Menschen sind gezwungen, verschmutztes Wasser zu trinken und laufen dadurch Gefahr, an Durchfall zu erkranken.
(AFP, 6. Januar 2008)


Kenianische Wahlkommission geht bald vor Gericht

Die kenianische Wahlkommission geht nach Medieninformationen in der kommenden Woche vor Gericht, um die umstrittene Präsidentenwahl überprüfen zu lassen. Unterdessen wurden die Bemühungen um eine Vermittlung des Machtkonflikts in Kenia fortgesetzt. Amtsinhaber Mwai Kibaki hatte sich gestern zur Bildung einer Regierung der nationalen Einheit bereiterklärt. Die US- Diplomatin Jendayi Frazer setzte heute die Gespräche mit Kibaki und Oppositionskandidat Raila Odinga fort.
(dpa, 6. Januar 2008)


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