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Kenia: G3-Empfängerland und Entwicklungsland

Von Virginia Edwards-Menz *

Kenia ist ein sehr armes Land und nimmt den Rang 147 von 182 Ländern auf dem Entwicklungsindex ein. Die durchschnittliche Lebenserwartung dort ist 54 Jahre. 80% der Menschen sind Analphabeten. Die Kinder in Kenia sind durch die AIDS-Epidemie, häusliche Gewalt, weibliche Genitalverstümmelung, frühes Heiraten, sowie Mangelernährung besonders gefährdet. Die Kindersterblichkeit ist 32 mal so hoch wie in Deutschland.

In Nairobi, Hauptstadt Kenias, leben eine Million Menschen auf 250 Hektar Land im Kibera Slum, dem größten Slum in ganz Afrika. Hier gab es bei den Unruhen nach den gefälschten Wahlen Ende 2007 schwere Auseinandersetzungen mit der Polizei. In ganz Kenia starben über 1000 Menschen.

Warum gibt es in dem Armutsviertel kein fließendes Wasser? In einer Studie aus dem Jahr 2009 von Amnesty International wurde das so erklärt, dass die Stadtverwaltung in Erwartung größerer Profite in Wohnprojekte des höheren Standards investiert hat und dabei die Slums nicht in die Planung einbezogen hat: "Dicke Rohre verlaufen kreuz und quer durch Kibera Slum. Durch sie fließt sauberes Wasser in die wohlhabenden Viertel der Hauptstadt. Die Slumbewohner hingegen müssen mehrere Kilometer zurücklegen, um Wasser an privaten Wasserstationen zu kaufen – und dies zu einem Preis, der durchschnittlich das Siebenfache vom Wasserpreis in reicheren Vierteln beträgt." ("Auf engstem Raum: Kenia: Slums in Nairobi/Wohnen in Würde." Amnesty International)

Hier gab es bei den Unruhen nach den gefälschten Wahlen Ende 2007 schwere Auseinandersetzungen mit der Polizei. In ganz Kenia starben über 1000 Menschen.

G3 aus Deutschland im Einsatz

Allein in Kisumu wurden 44 Menschen von Polizei und Armee erschossen. Roman Deckert, RIB Vorstandsmitglied, schrieb in der März/April 2008 Ausgabe der Zeitschrift /iz3w (/Informationszentrum Dritte Welt/): /"Auf Bildern von den Kämpfen ist das G3-Gewehr – früher in der Bundeswehr 'die Braut des deutschen Soldaten' genannt – zu identifizieren. Es ist seit über 30 Jahren die Standardwaffe der kenianischen 'Sicherheitskräfte'. Nach Angaben des Informationsdienstes Jane's verfügen diese auch über die MP5–Maschinenpistole und das HK21–Maschinengewehr, beides G3 Ableger. Dem Kleinwaffenexperten Edward Ezell zufolge stammen sie aus englischer Lizenproduktion. Der Vertrag von 1970 mit den Royal Ordnance Factories in Enfield beweist, dass H&K die Kooperation einging, um Märkte zu erschliessen, die von der BRD aus nicht zugänglich waren. Das Bundesverteidigungsministerium, das die Entwicklung des G3 finanziert hatte und die Rechte daran hielt, vergab die notwendige Lizenz."

Unruhen Ende 2007

Dr. Walter Odhiamso, Mitarbeiter des Ärtzeverbandes "International Physicians for the Prevention of Nuclear War" (IPPNW) und Arzt in Nairobi, hat Opfer der Unruhen in Kenyatta National Hospital und in Musaba Hospital im Armenviertel behandelt und berichtete bei einem Besuch im RüstungsInformationsBüro, dass die meisten Verletzungen von Polizeikugeln stammten. Er hat Bilder der Opfer in einer PPP zur Verfügung gestellt.

Philip Alston, UN-Sonderberichterstatter sah es als erwiesen an, dass Kenias Polizei für die Hinrichtung von mehr als 500 Tote im Umland von Nairobi verantwortlich waren. Die /ta/berichtete am 26.2.09, dass jeder Schütze nach einem Mord einen Bonus von 50€ bekommen habe. "Kenias Polizei mordet mit System, die Morde sind weit verbreitet und gut vorbereitet. Sie werden willkürlich ausgeführt, die Täter bleiben unbehelligt. Die Spitzen von Polizei und Politik sind beteiligt. Wer in Kenia versucht, eine Glühbirne zu klauen, muss damit rechnen, erschossen zu werden," so Alston.

Entwicklung: Zwei Kenia Projekte

Dabei könnten wir eigentlich für wenig Geld vieles in Kenia verbessern. Das Freiburger Friedensforum (einschliesslich RIB) unterstützt ein Schulprojekt im Kibera Slum und ein Projekt für Aids-Waisen in Kisumu. Für sehr wenig Geld können Grundbedürfnisse gedeckt werden (Wasserversorgung, Mietkosten, medizinische Versorgung).

St. Lazarus Selbsthilfe Gruppe
(www.saint-lazarus.de)

Ein junger Kenianer, der jetzt in Freiburg lebt und an der Grenze zum Kayole Slum aufgewachsen ist, kam zu uns mit der Projektvorstellung für die in Kenia zertifizierte Saint Lazarus Selbsthilfe Gruppe. Kayole Slum ist, von den Lebensbedingungen hergesehen, kaum besser wie Kibera Slum. Es gibt eine Art Strassenordnung, wenn auch keine Namen für die unasphaltierte Strassen und es gibt auch fliessendes Wasser, aber keine Kanalisierung für das Abwasser. Die Einwohner um die Saint-Lazarus Schule mußten sich an den Gestank gewöhnen. Das Wasser fliesst nicht ständig, sondern nur zwei Tage in der Woche. Die Schule wird von Vitalis Serete im Kayole Slum geführt. Ca. 330 Kinder werden dort betreut, vom Kindergartenalter bis zur 8. Klasse.

Die Lehrer arbeiten oft unentgeltlich, da die Eltern die Schulgebühren nicht aufbringen können. Dabei könnten alle neun Lehrer und drei Hilfspersonen der Schule für 500€ im Monat entlohnt werden. Mit einer Spende von 40€ vom Friedensforum konnte die Schule einen Wassertank kaufen.

Touch of Mercy Selbsthilfe Gruppe
(www.touch-of-mercy.de)

Die HIV-Rate in Kisumu, wo dieses Projekt stattfindet, ist 34% - die höchste Rate in Kenia.

In vielen Dörfern leben nur noch Kinder und alte Menschen – die Eltern sind an AIDS gestorben. Die Kinder sind oft HIV-positiv, sind sich selbst überlassen oder werden von ihren Großmüttern versorgt. Viele Großmütter, die oft Witwen sind, sind bereit mit ein wenig Unterstützung mehr Kinder aufzunehmen.

Das Touch of Mercy Projekt wurde in Freiburg von einer jungen Frau initiiert, die aus Kenia geflüchtet ist. Sie macht in Freiburg jetzt eine Ausbildung zur Altenpflegerin und will die Menschen helfen, die sie zurückgelassen hat. Wir konnten mit unseren Spenden nicht verhindern, dass Clinton, einer von den ca. 60 Frauen und Kinder, die der Zielgemeinschaft angehören vor kurzem an AIDS gestorben ist.

Für beide Projekte kann direkt nach Kenia (Kontonummer auf der jeweiligen Website), über das Freiburger Friedensforum (www.fffr.de) oder über http://de.betterplace.org/ gespendet werden. Durch die direkte Kontakte in Freiburg und die Projektleiter vor Ort ist einen verantwortungsvoller Umgang mit den Spenden gesichert. Noch bis September 2011 werden beide Projekte von UnterstützerInnen aus Deutschland besucht und eingeschätzt.

* Virginia Edwards-Menz, Freiburg, ist ehrenamtliche Mitarbeiterin beim RüstungsInformationsBüro e.V.


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