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Kambodscha (Kampuchea)

Grundinformationen zu Geschichte, Wirtschaft und politischen Problemen

Staatsname: Preahreacheanachakr Kampuchea - Königreich Kambodscha

Geografie
Fläche: 181.035 km2
Hauptstadt: Phnom Penh (900.000 Einw.) (1998)

Bevölkerung
Einwohner: 12,2 Mio. (Juli 2000)
Bevölkerungsdichte: 58 Einw./km2
Bevölkerungswachstum: 2,27 % (2000)
Lebenserwartung: 56,5 Jahre (2000)
Säuglingssterblichkeit: 67 pro Tausend (2000)
Alphabetisierung: 35 %
Religion: Buddhistisch (95 %), moslemisch (2,4 %), andere (2,6 %)
Ethnische Gruppen: Khmer (90 %), Vietnamesen (5 %), Chinesen (1 %), andere (4 %)

Politik
Staatsform: Konstitutionelle Monarchie (demokratisch seit September 1993)
Staatschef: König Norodom Sihanouk (seit September 1993)
Regierungschef: Premierminister Hun Sen (seit November 1998)
Parlament: Verfassungsgebende Versammlung mit 120 Abgeordneten
Politische Parteien: Buddhist Liberal Party (BLP), Cambodian People´s Party (CPP), Khmer Citizen Party (KCP), National United Front for an independent, neutral, peaceful and cooperative Cambodia (FUNCINPEC), Sam Rangsi Party (SRP) (früher Khmer Nation Party (KNP)

Wirtschaft
Urbanisierung: 21 % (1998)
BIP: 3,1 Mrd. US-Dollar (1998)
BIP/Einwohner: k.A.
BIP/Sektor: Landwirtschaft: 43 %; Industrie: 20 %; Dienstleistungen: 37 % (1998)

Geschichte/Innenpolitische Entwicklung

Kambodscha, einst reich und mächtig als im 12. und 13. Jh. die Khmer den größten Teil Indochinas beherrschten, war im 20. Jh. geprägt von Terrorherrschaft und Bürgerkrieg. Nachdem die Franzosen als Kolonialherren nach dem verlorenen Indochinakrieg 1954 gehen mussten, hinterließen sie ein unabhängiges, aber fragiles Land unter Führung des Prinzen Sihanouk. Dieser versuchte, sein Land aus dem aufflammenden Vietnamkrieg herauszuhalten, wurde allerdings 1970 gestürzt und eine Militärdiktatur errichtet. Kambodscha geriet als Nachbar Vietnams in eben diesen Krieg - und wurde folglich wie Vietnam von den USA bombardiert. Noch heute leben zigtausende Krüppel, verwundet durch Minen, die jeden Schritt zu einem tödlichen Abenteuer machen. Nach der Niederlage der USA im Jahre 1973, gewannen zwei Jahre später die kommunistischen Aufständischen den Bürgerkrieg und errichteten 1975 als "Rote Khmer" unter Pol Pot ihre Terrorherrschaft. Mindestens zwei Mio. Menschen wurden massakriert und getötet.

1979 wurden die Roten Khmer nach der Invasion von Vietnamesen in den Untergrund gedrängt, von wo aus sie jedoch weiter kämpften und mordeten und das Land infolgedessen in einen 13 Jahre anhaltenden Bürgerkrieg versank. Als sich 1984 zeigte, dass keine Seite den Bürgerkrieg gewinnen konnte, wurde langsam ein Prozess internationaler diplomatischer Verhandlungen in Gang gesetzt, jedoch erst 1991 ein Friedensplan unterzeichnet. Das Abkommen sah einen Waffenstillstand, Parteienpluralismus und eine von den UN überwachte Wahl im Jahre 1993 vor. Sihanouk, zurück aus chinesischem Exil, wurde wieder König. Die in der Nationalversammlung vertretenden Parteien schlossen sich zu einer Koalition zusammen und Hun Sen avancierte nach Prinz Ranariddh zum zweiten Ministerpräsidenten. Nach erneuten Unruhen, hervorgerrufen durch die PDK, wurde die Partei 1994 verboten. Danach fiel die Koalition allmählich auseinander. Im Juli 1997 brach dann in Phnom Penh ein bewaffneter Konflikt zwischen den beiden Ministerpräsidenten aus, erneut gab es Tote und Verletzte - Anhänger Ranariddhs flohen aus dem Land. Daraufhin trat eine Beruhigung im ganzen Land ein und das Augenmerk richtete sich auf die nächste Wahl, die im Juni 1998 stattfand und die CPP die meisten Stimmen erhielt, allerdings nicht genug für eine neue Regierungsbildung. Die Verliererparteien weigerten sich zu koalieren und organisierten zunehmend gewalttätige Demonstrationen. Ihr Ziel war, eine politische und wirtschaftliche Krise herbeizuführen, um damit die Regierung unter Führung der CPP zu Fall zu bringen, selbst auf die Gefahr hin, einen erneuten Bürgerkrieg hervorzurufen.

Nachdem Pol Pot im April 1998 gestorben ist und sich die Roten Khmer letztlich Ende 1998 aufgelöst haben, stellt das Jahr 1999 nach insgesamt 30 Kriegsjahren das erste volle Jahr dar, in dem Frieden im Land herrschte. Die Frage, die jetzt im Lande geklärt werden muss, ist, ob ehemalige Anhänger der Roten Khmer, die heute z.T. hohe Verwaltungspositionen bekleiden, vor ein internationales Tribunal gestellt und für ihre Greueltaten zur Rechenschaft gezogen werden oder nicht, da mit aufkommenden Verhandlungen und Rechtssprechungen neue Konflikte im Land erwartet werden.

Wirtschaft

Nach 1979 hatte sich die Wirtschaft Kambodschas langsam, aber stetig erholt. Der rasche Sprung vom Semi-Sozialismus zur freien Marktwirtschaft förderte das Wirtschaftswachstum, nicht zuletzt aufgrund ausländischer Finanzierungshilfen im Land. Doch nach den Unruhen im Juli 1997 wurde ein Großteil der Auslandshilfen gestrichen und ausländische Investoren zogen sich zurück. Hinzu kam der Ausbruch der Asienkrise im Juli 1997 im Nachbarstaat Thailand. Bis heute hat sich die Wirtschaft noch nicht richtig von den Schäden des Jahres 1997, der politischen Unsicherheit und der asiatischen Finanz- und Wirtschaftskrise erholt. Immerhin wurden 1999 Fortschritte bezüglich ökonomischer Reformen gemacht und die Wirtschaft wuchs um vier Prozent.

Nach Dekaden von Konflikten, Unruhen und Kriegen stellt die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung des Landes eine große Herausforderung dar. Der Bevölkerung fehlt eine solide Bildung und Qualifikationen sind rar, vor allem auf dem armutsgekennzeichneten Land, wo verkehrstechnische Infrastruktur fehlt und Basisinfrastruktureinrichtungen Mangelware sind.

Solange die politische Unsicherheit weiterhin im Lande besteht, ist nicht davon auszugehen, dass ausländische Hilfsprogramme zur Restabilisierung der Wirtschaft in Gang gesetzt werden. So wird Kambodscha auch in Zukunft ein Agrarland bleiben, steuert doch die Landwirtschaft mit 43 Prozent zum BIP zu (1998) und sind etwa 80 Prozent der Bevölkerung in diesem Sektor tätig (1999).

Außenpolitische Konflikte

Außenpolitische Dispute konzentrieren sich auf die Nachbarländer Vietnam und Thailand. Konflikte bezüglich unklar definierter Grenzen zwischen den Ländern stehen hier, wie auch in Laos und Mynmar auf der Tagesordnung. Des Weiteren sind auch maritime Grenzen noch nicht geregelt. Allerdings ist der kambodschanische Premier darum bemüht, diese Differenzen anhand von Gespächen und Vereinbarungen beizulegen. Im Juni 2000 fanden denn auch Gespräche zwischen dem thailändischen Premier Chuan Leekpai und Hun Sen statt, in denen es zum einen um Grenzziehungen ging, aber auch eine Kooperation bezüglich der Bekämpfung des Drogenhandels sowie illegaler Handelsaktivitäten entlang der Grenze angesprochen wurden. Thailand will Kambodscha beim Aufbau seiner mangelnden Infrastruktur helfen, wobei im Gegenzug die Minimierung illegaler Aufenthalte von Kambodschanern in Thailand seitens Hun Sen angekündigt wurde. Thailand "beherbergt" Zehntausende vor politischen Unruhen aus dem Land geflohener Kambodschaner, die sich größtenteils illegal in Thailand aufhalten und insofern zwischenstaatliche Konflikte auslösen können.

Quellen
  • Bangkok Post-Archiv (1997-2000): http://www.bkkpost.samart.co.th
  • CIA (2000): The World Factbook 2000 (http://www.cia.gov)
  • Dahm, B.; Ptak, R. (Hrsg.) (1999): Südostasien-Handbuch; München
  • Frankfurter Rundschau vom 2.11.2000
  • Spiegel-Almanach (1999): Alle Länder der Welt - Zahlen, Daten, Analysen; Hamburg

Christiane Potzner

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