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Lebenslänglich für Folterchef Pol Pots

Erstes Verfahren vor den "Außerordentlichen Kammern bei den Gerichten Kambodschas" wurde mit einem Urteil abgeschlossen


Der einstige Folterchef des Pol-Pot-Regimes in Kambodscha (1975-79) ist im Berufungsprozess zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das von der UNO unterstützte Tribunal nahe der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh erhöhte damit am 3. Februar das Strafmaß gegen Kaing Guek Eav alias Duch, dem ursprünglich insgesamt 30 Jahre Haft zugemessen worden waren.

Lebenslang

Kaing Guek Eav (alias Duch) war Direktor der "Todesfabrik" S-21 in Phnom Penh

Von Detlef D. Pries *


Das erste Verfahren vor den »Außerordentlichen Kammern bei den Gerichten Kambodschas« ist abgeschlossen. Der 69-jährige ehemalige Mathematiklehrer Kaing Guek Eav, der sich den »Revolutionsnamen« Duch zugelegt hatte und unter der Herrschaft Pol Pots in den Jahren 1975 bis 1979 das Foltergefängnis S-21 (Tuol Sleng) in Phnom Penh geleitet hatte, wurde am Freitag (2. Feb.) von der Berufungskammer des Tribunals zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Richter verschärften damit die Strafe, die nach dem ersten Verfahren im Juli 2010 ausgesprochen worden war. Damals lautete das Urteil auf 35 Jahre Haft, von denen fünf wegen früherer Verfahrensfehler gestrichen werden sollten. Bei Anrechnung der Untersuchungshaft - er war bereits 1999 festgenommen worden - hätte Duch noch 19 Jahre hinter Gittern verbringen sollen. Dagegen protestierten nicht nur Überlebende und Angehörige von Opfern, auch Anklage und Verteidigung legten Berufung gegen das Urteil ein.

Während des Prozesses hatte der Angeklagte gestanden, dass den S-21-Häftlingen in Verhören unter grausamer Folter falsche Selbstbezichtigungen und Aussagen abgepresst wurden, durch die sie sich jedoch nicht retten konnten: Wer in Tuol Sleng eingeliefert wurde, war dem Tod bestimmt. Das Gericht bezifferte die Zahl der Opfer auf mindestens 12 272.

Duch zeigte durchaus Reue und bat unter Tränen um Vergebung, doch am Ende des Verfahrens verlangte er Freispruch für sich, was starke Zweifel an seiner Aufrichtigkeit weckte. Die Verteidigung argumentierte im Berufungsverfahren, ihr Mandant habe nur Befehle ausgeführt, sei weder Mitglied der obersten Führung im Pol-Pot-Staat noch »hauptverantwortlich« gewesen, also sei das Tribunal für ihn gar nicht zuständig.

Das sah die Berufungskammer anders: Der »besonders schockierende und abscheuliche Charakter der Verbrechen über einen ausgedehnten Zeitraum« machten den Fall nach ihrer Auffassung »zu einem der schwerstwiegenden, die vor internationalen Strafgerichten verhandelt wurden«. Mildernden Umständen sei im ersten Urteil zu viel Gewicht beigemessen worden. Duch senkte nach dem Urteilsspruch den Kopf und hob die Hände zum Gebet.

* Aus: neues deutschland, 4. Februar 2012


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