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Einigung in Sanaa

Jemen: Regierung und Houthis unterzeichnen Vertrag zur Konfliktbeilegung

Von Karin Leukefeld *

In Anwesenheit des UN-Vermittlers Jamal Benomar haben sich die Houthi-Bewegung und die Zentralregierung im Jemen verpflichtet, ihren langjährigen Konflikt beizulegen. Am Sonntag unterzeichneten beide Seiten einen Vertrag, der die Bildung einer »Regierung der nationalen Einheit« vorsieht. Die Houthis und die Unabhängigkeitsbewegung im südlichen Jemen sollen zudem innerhalb von drei Tagen einen neuen Ministerpräsidenten bestimmen. Weiterhin sollen die Houthi-Kämpfer alle militärischen Stützpunkte und Regierungseinrichtungen wieder verlassen, die sie im Laufe der letzten Wochen eingenommen haben. Die Regierung verpflichtete sich zudem, die kürzlich gestrichenen Subventionen für Benzin wieder in Kraft zu setzen.

Teil der Vereinbarung für einen politischen Neuanfang und ein Ende der Gewalt war der Rücktritt des amtierenden Ministerpräsidenten Mohammed Basindwa. Während der Unterzeichnungszeremonie hielten allerdings bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Streitkräften auf der einen und Houthi-Kämpfern auf der anderen Seite in der Hauptstadt Sanaa an. Korrespondenten berichteten von schweren Auseinandersetzungen um eine Militärbasis im Norden der jemenitischen Hauptstadt sowie auf dem Campus der Iman-Universität.

Der jemenitische Präsident Abdrabbo Mansour Hadi und die Armeeführung um General Ali Mohsen Al-Ahmar dürften eindeutig geschwächt aus der Machtprobe mit der Houthi-Bewegung herausgehen, die seit Ende Juli die jemenitische Hauptstadt erschüttert hatte. Verlierer ist auch die oppositionelle Partei ISLAH, eine islamistische Partei, die politisch und bewaffnet gegen die Houthis zu Felde zog.

Jemen hat seit dem von einer Massenbewegung und den Staaten des Golfkooperationsrates erzwungenen Rücktritt des langjährigen Präsidenten Ali Abdallah Saleh 2011 nicht zur Ruhe gefunden. Die USA führen seit Jahren einen unerklärten Drohnenkrieg gegen Gruppen, die als »Al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel« bekannt geworden ist. Saudi-Arabien griff mehrmals mit Armee und Luftwaffe ein, um die Regierung im Kampf gegen die Houthis zu unterstützen, die vor allem im jemenitisch-saudischen Grenzgebiet der Region Saada leben. Die Auseinandersetzungen haben ihre Ursachen in einem zutiefst korrupten Armee- und Regierungsapparat und staatlicher Vetternwirtschaft. Jemen gilt als das »Armenhaus« der arabischen Halbinsel.

Von 24,4 Millionen Einwohnern sind 14,7 Millionen nach UN-Angaben auf humanitäre Hilfe angewiesen. Es fehlt an Nahrungsmitteln, an medizinischer Versorgung und sauberem Trinkwasser. Hinzu kommt, daß monatlich Tausende Flüchtlinge vom Horn von Afrika an der Küste des Jemen stranden. Seit Anfang 2013 wurden knapp 700000 jemenitische Arbeiter aus Saudi-Arabien ausgewiesen und mußten in den Jemen zurückkehren.

Die Houthi-Bewegung verknüpfte 2011 die Forderungen nach wirtschaftlicher und politischer Teilhabe mit der Forderung nach kultureller und religiöser Unabhängigkeit. Die Houthis zählen zur religiösen Minderheit der Zaiditen. Diese Strömung des schiitischen Islam gibt es nur in der nordjemenitischen Provinz Saada, wo seit 2011 weitgehende Autonomie herrscht. Ende Juli 2014 zogen die Houthis in die Hauptstadt und organisierten Protestlager, die zunehmend die Unterstützung von anderen oppositionellen Gruppen fanden. Der Protest eskalierte in Kämpfen, bei denen Dutzende Houthis getötet wurden. Flughafen und Schulen wurden geschlossen, bevor es der UN – und vermutlich regionalen Staaten und den USA im Hintergrund – gelang, beide Seiten zur Einigung zu zwingen.

Die wirtschaftlichen und politischen Hintergründe des Konflikts im Jemen wurden in den letzten Jahren immer häufiger von den beiden großen regionalen Kontrahenten, Saudi-Arabien und Iran, aber auch von dem machthungrigen Emirat Katar benutzt, um eigene Interessen zu verfolgen.

* Aus: junge Welt, Dienstag 23. September 2014


Yemen: UN envoy reports deal reached to resolve current crisis in country **

20 September 2014 – The United Nations envoy in Yemen announced today that an agreement has been reached, following intense consultations with all the political parties, including Ansarallah, to resolve the current crisis based on the outcomes of the National Dialogue Conference.

In a statement from his Office, Special Adviser to the Secretary-General on Yemen, Jamal Benomar, said preparations are currently underway for the signing of the agreement, which “shall be a national document that will advance the path of peaceful change, and will lay the foundations for national partnership and for security and stability in the country.”

Mr. Benomar underscored that the Yemenis have long suffered from violence and fighting. He regretted the continuing bloodshed, especially following the consensus over the historic outcomes of the National Dialogue Conference.

In the statement, the Special Adviser reiterated that the time has now come to overcome narrow interests and that the higher national interest should prevail. He stressed for the need to work responsibly in order to implement the outcomes of the National Dialogue Conference and to build the new state agreed upon by the Yemenis.

Yemen has recently emerged from a complex UN-backed transition, but the past few months have been marked by violence and unrest in some parts of the country. According to press reports, Sana'a has been gripped by rival protests since last week as pro- and anti-Government demonstrators have faced off throughout the city.

** UN News Centre, 20 September 2014; http://www.un.org


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