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Vermintes Gelände

Im Jemen werden laut Präsident Saleh Wahlen vorbereitet. Opposition gründet Nationalrat

Von Karin Leukefeld *

Der jemenitische Verteidigungsminister ist nach Angaben arabischer Medien nur knapp dem Tod entronnen. General Mohammed Nasser Ali sei auf dem Weg zu einem Truppenbesuch in der südlichen Provinz Abyan mit seinem Autokonvoi über eine Landmine gefahren. Bei deren Explosion seien zwei Soldaten getötet worden, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters, vier weitere Personen wurden demnach verletzt. Der Minister, der Brigaden in Zinjibar (Abyan) anläßlich des Eid-Al-Fitr-Festes zum Ende des Fastenmonats Ramadan inspizieren wollte, blieb unverletzt. Angeblich habe »Al-Qaida auf der arabischen Halbinsel 150 Sprengsätze in Gebieten vergraben, die sie kontrolliert«, zitierte Reuters einen Militärsprecher. Erst am Montag waren zehn jemenitische Soldaten in dem Dorf Dofes in der Nähe der Provinzhauptstadt Zinjibar getötet worden.

Die jemenitische Armee beschießt seit Mai 2011 Dörfer in Abyan, bei denen es sich nach offizieller Lesart um »Stellungen von Al-Qaida-Kämpfern« handeln soll. Ein Vertreter des Innenministeriums wird in der Tageszeitung Yemen Observer mit den Worten zitiert, daß seit Ausbruch der Gefechte im Mai 300 Al-Qaida-Mitglieder getötet worden seien. Ob es sich tatsächlich um Anhänger dieser Organisation oder um oppositionelle Stammeskrieger handelt, die lediglich den westlichen Einfluß und insbesondere die militärische Hilfe für die Saleh-Regierung bekämpfen, ist unklar

Präsident Saleh selber hält sich weiterhin in der saudischen Hauptstadt Riad auf. Er war Anfang Juni bei einem Anschlag auf seine Moschee schwer verletzt worden und wird seitdem dort medizinisch behandelt. In einer Ansprache zum gestrigen Ende des Ramadan sagte Saleh in Riad, die Wahlen würden derzeit von seinem Vertreter Abdrabbo Mansur Hadi zusammen mit regionalen und internationalen Akteuren vorbereitet. Er habe seine Partei angewiesen, mit Vertretern der Opposition sowie mit den Botschaftern der USA und der EU einen Dialog aufzunehmen, um den Friedensplan des Golfkooperationsrates umzusetzen. Berichten zufolge soll der Übergangsprozeß aus vier Phasen bestehen. Die erste bestünde in der Ankündigung von Präsidentschaftswahlen. Danach soll Saleh seine Macht an seinen Stellvertreter übergeben. Es folgte die Einsetzung einer Regierung der nationalen Einheit, geführt von der Opposition, und schließlich soll ein Militärrat Armee und Sicherheitskräfte neu ordnen.

Die Opposition hat derweil Mitte August einen »Nationalrat für die Kräfte der friedlichen Revolution« gegründet, dem 143 Mitglieder angehören. Gewählt von 800 Delegierten verschiedener Oppositionsgruppen – darunter auch die Huthi-Bewegung aus dem Norden des Landes, die islamistische Al-Islah-Partei und Angehörige der südjemenitischen Unabhängigkeitsbewegung – soll der Rat aus seiner Mitte ein 20köpfiges Führungsgremium bestimmen, das die Macht von Präsident Saleh übernehmen soll.

* Aus: junge Welt, 1. September 2011


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