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Euro-Krise erreicht Japan

Notenbanken intervenieren gegen Währungsturbulenzen / EZB will wieder Anleihen kaufen

Von Hermannus Pfeiffer *

Nervöse Betriebsamkeit herrscht auf den internationalen Finanzmärkten. Inzwischen reagieren die Notenbanken auf die Währungsturbulenzen.

Die Euro-Krise, aber auch die Unsicherheit bezüglich der Finanzlage in den USA haben in den vergangenen Tagen erneut zu einer Aufwertung des Schweizer Franken wie auch des japanischen Yen geführt, was die dortige Exportwirtschaft belastet. Nachdem die Schweizer Nationalbank am Mittwoch (3. Aug.) in den Markt eingegriffen hatte, kündigte jetzt die Bank of Japan Yen-Verkäufe in großem Stil an. Finanzminister Yoshihiko Noda sagte, die Regierung in Tokio habe damit »exzessiven« Entwicklungen bei der japanischen Währung begegnen wollen. Die Kurse des Yen und auch des Franken gaben, wie erhofft, etwas nach.

Gestern (4. Aug.) überschattete dann ein Brandbrief des EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso die Ratssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt am Main. Barroso befürchtet eine Ausweitung der Euro-Krise auf die ganze Eurozone und forderte daher die Mitgliedsländer auf, die im Juli beschlossenen Maßnahmen rasch umzusetzen und möglicherweise den Euro-Krisenfonds für angeschlagene Staaten weiter aufzustocken. Die Euro-Länder müssten ihre Hilfsmechanismen verbessern, um mit den Risiken einer Ausweitung der Krise umgehen zu können. Für den Start des neuen Rettungsfonds ESM im Jahr 2013 bedarf es noch der Zustimmung der nationalen Parlamente. Bis es soweit ist, könnte die EZB eine »Brückenfunktion« wahrnehmen und wieder Anleihen kriselnder Staaten kaufen, fordern Analysten. Die Bundesregierung kritisierte den Vorstoß Barrosos.

Zuletzt waren die am Markt verlangten Zinsen für Staatsanleihen Italiens und Spaniens stark in die Höhe gegangen. Es gibt Befürchtungen, dass auch diese beiden Länder unter den Euro-Rettungsschirm schlüpfen müssen, wofür dieser aber zu klein wäre. Daher bleibt der EZB wohl nichts anderes übrig, als ihr Programm zum Aufkauf von Staatsanleihen wieder aufzunehmen, um dem Zinsanstieg entgegenzuwirken. Er schließe Anleihekäufe von Spanien und Italien heute nicht aus, sagte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet. »Sie werden sehen, was wir tun werden«, so der EZB-Chef nebulös. Die EU-Zentralbank hatte in der Krise um ausufernde Staatsschulden massenhaft griechische, irische und portugiesische Staatspapiere gekauft und sitzt nun auf Staatsanleihen im Umfang von etwa 80 Milliarden Euro. Als Reaktion auf die Weltfinanzkrise hatte die EZB 2008 erstmals mit ihren Grundsätzen gebrochen und eine aktive Antikrisenpolitik begonnen. Bis dahin hatte sie sich wie zuvor die Bundesbank, aber im Unterschied zu Zentralbanken in anderen Weltregionen ganz auf die Bekämpfung der Inflation konzentriert.

Zumindest am Donnerstag (4. Aug.) gab es die gewünschte Reaktion an den Märkten: Die Renditen italienischer und spanischer Anleihen gaben etwas nach.

* Aus: Neues Deutschland, 5. August 2011


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