Italiens neue Bomber
Die Regierung Monti will eisern sparen, doch Militärinvestitionen wurden bislang nicht angetastet
Von Anna Maldini, Rom *
In Italien wächst der Widerstand gegen
den Kauf von 131 Jagdbombern
für mindestens 13 Milliarden Euro.
Das Projekt wurde bereits 2002 auf
den Weg gebracht. Doch in Zeiten der
Krise fragen sich nicht mehr nur pazifistische
Gruppen, ob solch eine Investition
angebracht ist.
Er ist 15 Meter lang, hat eine Flügelbreite
von fast elf Metern und
kann eine Höchstgeschwindigkeit
von über 2000 Kilometer pro
Stunde erreichen. Die Rede ist von
dem »F-35 Joint Strike Fighter«
von Lockheed Martin, ein Jagdbomber,
der pro Stück mindestens
200 Millionen Euro kostet und von
dem Italien gleich 131 Exemplare
bestellt hat. Der Vertrag wurde
2002 von Admiral Giampaolo Di
Paola unterzeichnet, damals Generalsekretär
für Verteidigung und
Bewaffnung und heute Verteidigungsminister
in der Regierung
von Mario Monti. Insgesamt
müsste der hoch verschuldete italienische
Staat zwischen 13 und 15
Milliarden Euro hinblättern, um
die Flugzeuge zu erstehen, wobei
2,7 Milliarden bereits als Vorleistung
erbracht worden sind.
Doch in Zeiten der Krise, in denen
Rentnern die Altersbezüge gekürzt
werden und die Mehrheit der
Italiener nicht weiß, wie sie bei
ständig steigenden Preisen und
Abgaben über die Runden kommen
soll, wird der Kauf zunehmend
in Frage gestellt. Nicht mehr
nur das Spektrum der »klassischen
« Pazifisten empfindet solch
eine Investition als unrealistisch
und sogar unverantwortlich. Zuletzt
hat sogar die rechte Partei
Zukunft und Freiheit des ehemaligen
Kammerpräsidenten Gianfranco
Fini Zweifel angemeldet.
»Es ist der Moment gekommen«,
erklärte Enzo Raisi, »ein Tabu zu
brechen oder es zumindest in Frage
zu stellen. Und das ist das der
verschwenderischen Militärausgaben,
die noch auf die antiquierten
Ideen des Kalten Krieges zurückgehen.
Darunter fällt auch der
Kauf der Jagdbomber F-35«.
Kritik macht sich auch in der
Demokratischen Partei breit. Die
Senatorin Roberta Pinotti fragt
sich, ob »40 bis 50 Flugzeuge nicht
auch ausreichen würden«, während
ihr Parteikollege Ignazio Marino
daran erinnert, dass man mit
dem Geld für nur zwei dieser
Jagdbomber die Jugendlichen in
prekären Arbeitsverhältnissen
oder Forschung und Innovation
unterstützen könnte.
Vor allem die Grünen weisen
darauf hin, dass die italienische
Armee sowieso zu viel kostet: Von
den knapp 190 000 Soldaten sind
mehr als 600 Generäle, 2700
Oberste und 13 000 Offiziere, was
nicht zuletzt dazu führt, dass der
Verteidigungshaushalt zu 62 Prozent
aus Lohnkosten besteht.
Verteidigungsminister Di Paola
ließ wissen, dass man an dem bereits
unterschriebenen Vertrag
nicht rütteln werde, auch weil dies
hohe Vertragsstrafen mit sich
brächte. Man würde nicht sparen,
wenn man jetzt aus dem multinationalen
Abkommen aussteige.
Anderer Ansicht ist die Monatszeitschrift
»Altraeconomia«
(Andere Wirtschaft), die von linken
Gruppen und Ökonomen herausgegeben
wird. Sie hat das »Memorandum
of Understanding« durchforstet,
das Italien 2007 unterzeichnet
hat und das etwa die
Zahlungsmodalitäten festlegt. Danach
kann jedes Land in einer Frist
von 90 Tagen das Projekt verlassen.
In diesen drei Monaten muss
man sich weiter an den laufenden
Kosten beteiligen, was für Italien
etwa 900 Millionen Euro ausmachen
würde, die zu den bereits gezahlten
2,7 Milliarden kommen
würden. Aber eine Vertragsstrafe
sei nicht vorgesehen.
Italien wäre nicht das erste
Land, das Zweifel an den F-35
hätte: Norwegen, Kanada, Australien
und die Türkei werden wohl
aussteigen und selbst die USA haben
»Besorgnis« angemeldet.
* Aus: neues deutschland, 5. Januar 2012
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