Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Großeinsatz am Tempelberg

Ostjerusalem: Umfassende Kontrollen vor Freitagsgebet. Schweden erkennt Palästina an *

Am Freitag hat Israel die vorübergehende Sperrung des Tempelbergs teilweise wieder aufgehoben. Dennoch wurden lediglich Männer über 50 zum Freitagsgebet in die Al-Aqsa-Moschee gelassen, Grenzpolizisten kontrollierten Papiere an den Eingängen zum Gelände. Rund 1.000 israelische Polizisten waren im Einsatz, die Gegend wurde außerdem von Beamten in Zivil und Überwachungsballons beobachtet. Am Donnerstag hatte es in Ostjerusalem Proteste gegeben, nachdem die Polizei einen mutmaßlichen palästinensischen Attentäter erschossen hatte. Israel hatte daraufhin den Tempelberg komplett abgeriegelt.

Wie die Nachrichtenagentur dpa berichtete, war die Lage am Freitag ruhig. Die Gebete vor dem Morgengrauen seien »ohne Zwischenfälle« verlaufen, teilte die israelische Polizei demnach mit. Der Agentur Reuters zufolge kam es vereinzelt zu Zwischenfällen. So seien einige Feuerwerkskörper gezündet worden, und eine Gruppe palästinensischer Jugendlicher habe versucht, eine Polizeisperre zu durchbrechen.

Wann die Stätte wieder für alle Muslime geöffnet wird, war zunächst unklar. Das Gebiet ist Muslimen und Juden heilig und wird seit dem Krieg 1967 von Jordanien verwaltet. Nach jordanischen Angaben stimmten die israelischen Behörden nach einer Intervention von König Abdullah der Teilöffnung des Tempelbergs zu. Der Monarch habe angeführt, dass die Sperrung nur den politischen Konflikt verschärfe.

Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas bezeichnete die Schließung der Moschee als gleichbedeutend mit einer Kriegserklärung. Anwohnern zufolge war es die erste Sperrung der Al-Aqsa-Moschee seit Beginn der zweiten Intifada im Jahr 2000. Die Fatah-Partei von Abbas hatte für Freitag einen »Tag des Zorns« ausgerufen und zu Protesten aufgefordert. Man wolle »die Ablehnung des palästinensischen Volkes gegen jeden Versuch, den heiligen Stätten zu schaden«, ausdrücken, schrieb die Partei.

Am Mittwoch abend hatte ein Attentäter den rechten Rabbiner Jehuda Glick niedergeschossen und schwer verletzt. Glick gehört zu einer Gruppe, die die Muslime vom Tempelberg vertreiben und dort einen neuen jüdischen Tempel errichten will. Nur Stunden nach dem Attentat tötete die israelische Polizei bei einem Schusswechsel im Stadtteil Abu Tor den mutmaßlichen Täter, einen Palästinenser. Am Donnerstag kam es daraufhin zu Unruhen, in den Gassen der Altstadt warfen Demonstranten Steine auf Sicherheitsbeamte. Israelische Rechte versuchten, den Tempelberg zu stürmen.

Unterdessen erkannte Schweden offiziell einen Staat Palästina an. Die schwedische Außenministerin Margot Wallström sagte am Donnerstag, mit dieser Entscheidung wolle Stockholm den Friedensprozess unterstützen. Nach 20 Jahren ergebnisloser Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern sei es der richtige Zeitpunkt dafür. Aus Protest gegen die Anerkennung beorderte die Regierung in Jerusalem ihren Botschafter aus Stockholm zurück.

* Aus: junge Welt, Samstag, 1. November 2014


Zurück zur Israel-Seite

Zur Israel-Seite (Beiträge vor 2014)

Zur Palästina-Seite

Zur Palästina-Seite (Beiträge vor 2014)

Zur Schweden-Seite

Zur Schweden-Seite (Beiträge vor 2014)

Zurück zur Homepage