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Obama erbittet Geld für Israels Rüstung

US-Kongress soll Aufbau von Raketenabwehrsystem gegen Hamas und Hisbollah unterstützen

US-Präsident Barack Obama hat den Kongress um die Bewilligung von 205 Millionen Dollar (164 Millionen Euro) für den Aufbau eines israelischen Raketenabwehrsystems gebeten.

Mit dem Raketenabwehrsystem solle sich Israel vor Angriffen der radikal-islamischen Gruppen Hamas im Gaza-Streifen und Hisbollah in Libanon schützen können, teilte das Weiße Haus am Donnerstag (13. Mai) in Washington mit. Dem US-Präsidenten sei die Bedrohung Israels durch Kurzstreckenraketen bewusst, daher habe er beschlossen, den Kongress um finanzielle Unterstützung für das Abwehrsystem zu bitten, sagte Präsidentensprecher Tommy Vietor weiter.

Die Palästinenser haben am Freitag an die Staatsgründung Israels vor 62 Jahren erinnert, die sie als »Nakba« (Katastrophe) wahrnehmen. Der palästinensische Chefunterhändler Sajeb Erakat forderte Israel auf, das Rückkehrrecht der 1948 vertriebenen Palästinenser und ihrer Nachkommen endlich anzuerkennen. Erakat warf der israelischen Regierung außerdem vor, durch ihre Siedlungspolitik im Westjordanland und die Blockade des Gaza-Streifens die »Nakba« fortzusetzen. Während des Krieges um die Unabhängigkeit flüchteten mehr als 760 000 Palästinenser aus ihrer Heimat oder wurden zum Verlassen ihrer Häuser gezwungen. Ihr künftiges Schicksal gehört zu den größten Streitpunkten zwischen beiden Seiten.

Alle israelischen Regierungen seit 1948 lehnten eine Rückkehr der Flüchtlinge und ihrer Angehörigen mit der Begründung ab, die 5,7 Millionen Juden liefen dabei Gefahr, zur Minderheit im eigenen Land zu werden. Die Palästinenser bestehen hingegen auf eine prinzipielle Anerkennung des Rückkehrrechts, das in der UN-Resolution 194 vom 11. Dezember 1948 festgeschrieben ist.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) forderte Israel unterdessen auf, die rechtswidrige Zerstörung ziviler Gebäude während der Gaza-Offensive im Januar 2009 zu untersuchen. In einem rund 120-seitigen Bericht dokumentiert HRW, wie israelische Einheiten während der Invasion zivile Gebäude wie Wohnhäuser, Fabriken und Bauernhöfe ohne militärischen Grund zerstört hätten. »Fast 16 Monate nach den Kämpfen in Gaza hat Israel immer noch nicht die Einheiten zur Verantwortung gezogen, die rechtswidrig ganze Straßenzüge in den von ihnen kontrollierten Gebieten zerstört haben«, sagte Sarah Leah Whitson, Direktorin der Abteilung Naher Osten und Nordafrika von HRW. Die Organisation forderte Israel zudem auf, die Blockade des Gaza-Streifens zu beenden, damit die Bewohner ihre Häuser wieder aufbauen könnten.

Die israelische Friedensbewegung Peace Now warf Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Bürgermeister Nir Barkat vor, für die wachsenden Spannungen in Jerusalem verantwortlich zu sein. Nach Angaben von Peace Now leben derzeit rund 2000 israelische Siedler inmitten arabischer Stadtteile. Zum Schutz eines jeden dieser Siedler müsse der israelische Staat 2000 Schekel (umgerechnet 419 Euro) pro Monat ausgeben. Die Organisation wies auch darauf hin, dass es für Araber aus Ostjerusalem praktisch unmöglich ist, im jüdischen Westteil der Stadt Häuser zu kaufen oder zu bauen.

Die Zahl von Juden und Arabern in Israel und den Palästinensergebieten wird laut einer Studie binnen fünf Jahren gleich groß sein. Das Palästinensische Zentrale Statistikbüro veröffentlichte einen Bericht, demzufolge Ende 2015 jeweils 6,2 Millionen Juden und Araber im Gebiet des historischen Palästina leben. Gegenwärtig beträgt die Zahl der Menschen in den Palästinensergebieten knapp vier Millionen, davon fast 2,5 Millionen im Westjordanland und 1,5 Millionen im Gaza-Streifen. Die Geburtenrate in den Palästinensergebieten lag 2007 bei durchschnittlich 4,6. In Israel leben nach Angaben des Israelischen Statistikbüros gegenwärtig 7,6 Millionen Menschen, darunter 5,7 Millionen (75,5 Prozent) Juden und 1,5 Millionen (20,4 Prozent) Araber. Die allgemeine Geburtenrate in Israel beträgt 2,96 – 2,88 bei der jüdischen Bevölkerung und 3,84 bei der arabischen.

* Aus: Neues Deutschland, 15. Mai 2010


Raketen für die Falken

Von Roland Etzel **

Unsere Nation wird nicht wanken, wenn es um Schutz und Förderung der Zukunft Israels geht.« Die salbungsvolle Botschaft von US-Außenministerin Clinton von Ende April soll jetzt mit Leben erfüllt werden. Oder auch Tod. Denn es geht um das mobile Raketenabwehrsystem »Iron Dome«. Die israelische Rüstungsschmiede Rafael hat es entwickelt, aber ihr Staat kann es momentan nicht bezahlen. Deshalb »bat«, wie es hieß, Präsident Obama den US-Kongress um 205 Millionen Soforthilfe, damit sich das durch Hamas und Hisbollah bedrängte Israel schützen könne. Die Abgeordneten werden sich nicht verweigern.

Die Hardliner in Tel Aviv und Washington hätten es damit geschafft, Israel innerhalb von nur vier Wochen eine bisher nicht vorhandene Rüstungskomponente zu verschaffen. Mitte April hatte der israelische Geheimdienst behauptet, Syrien rüste die libanesischen Schiiten mit neuen Raketen aus. Beweise dafür gab und gibt es nicht, dafür wortreiches Bejammern der Verwundbarkeit des israelischen Staates. Aber da war ja Rafael Defense Systems, das seine Iron Domes rein zufällig auch schon fertig hatte. Nur die zahlungsfähige Nachfrage fehlte noch... Man kann Rafaels Lobby-Arbeit deshalb nur als überaus erfolgreich bezeichnen.

Es ist erst ein Jahr her, da dachte der US-Präsident, wenn er von »Schutz und Förderung der Zukunft Israels« (und anderer Nahost-Staaten) sprach, offenbar nicht nur in neuen Waffensystemen. Doch das ist zunehmend verblassende Erinnerung, nachdem seine Versuche, den israelischen Falken die Krallen zu stutzen, kläglich scheiterten. Und er zudem gegen Afghanistan und Iran selbst auf Kriegskurs steuert.

** Aus: Neues Deutschland, 15. Mai 2010


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