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Siedlungsbau in Ost-Jerusalem

Israels Regierung stimmt Errichtung von 1600 neuen Wohnungen zu *

Das israelische Innenministerium hat am Donnerstag (11. Aug.) seine Zustimmung für den Bau von 1600 neuen Wohnungen in Ost-Jerusalem gegeben.

Innenminister Eli Jischai habe eine »endgültige Genehmigung« für die Baupläne im Gebiet Ramat Schlomo erteilt, sagte ein Ministeriumssprecher. Demnach will der Minister »in den kommenden Tagen« darüber hinaus dem Bau von 2600 weiteren Wohnungen in den Siedlungen Giwat Hamatos und Pisgat Seew im besetzten Ostteil der Stadt zustimmen. Die Bauprojekte gebe es lediglich angesichts der »Wirtschaftskrise in Israel« und nicht aus »politischen Gründen«, fügte der Sprecher hinzu. Es solle denen geholfen werden, die Land zum Bauen suchten, sagte er in Anspielung auf die seit Wochen andauernden Proteste in Israel, die sich vor allem gegen die soziale Ungerechtigkeit, hohe Mieten und sonstige zu hohe Lebenshaltungskosten richten. Regierungschef Benjamin Netanjahu begründet den Siedlungsbau mit dem Argument, damit würden langfristig die Preise fallen.

Israel hatte den Bau der 1600 Wohnungen im März 2010 angekündigt – während eines Besuchs von US-Vizepräsident Joe Biden. Die US-Regierung empfand dies als Affront, weil sie von Israel zur Wiederbelebung des Friedensprozesses einen Siedlungsstopp in Ost-Jerusalem und im Westjordanland verlangte.

* Aus: Neues Deutschland, 13. August 2011


Ostjerusalem, beste Lage

Von Roland Etzel

Ihre Wohnungsnot treibt derzeit Hunderttausende Israelis auf die Straße. Nun haben Regierungen verschiedene Möglichkeiten, ihrer wütenden Bevölkerung zu bezahlbaren Behausungen zu verhelfen. Immer aber braucht man dazu Grundstücke, meist die teuerste Komponente des Ganzen. In Israel ist das nicht anders, aber es hat einen Ministerpräsidenten mit Phantasie, in seinem Land besser mit Chuzpe umschrieben.

Netanjahu lenkt die Blicke seiner notleidenden Landeskinder gen Osten, genauer: nach Ostjerusalem. Denn dort gibt es noch viele palästinensische Grundstücke, gewissermaßen in bester Lage. Sie sind für Israelis sofort verfügbar, kosten fast nichts oder sind unkompliziert zu enteignen. Und eigentlich wollte man sie sich sowieso nehmen. Aber im Ausland gab es gegen derlei Tun gelegentlich Proteste. Die sollten nun ausbleiben, hofft Netanjahus Regierungssprecher, denn die jetzige »endgültige Genehmigung« für den Bau von 1600 neuen Wohnungen in Ostjerusalem geschehe »angesichts der Wirtschaftskrise in Israel« und nicht aus »politischen Gründen«.

Die Hoffnung auf Verständnis ist nicht unbegründet, vor allem was die USA betrifft. Als Netanjahu zum ersten Mal von den 1600 Wohnungen gesprochen hatte, war gerade US-Vizepräsident Biden in Israel. Damals behaupteten Medien, das sei eine Brüskierung Bidens gewesen. Er und Obama haben jetzt die Chance, dies ins rechte Licht zu rücken.

* Aus: Neues Deutschland, 13. August 2011


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