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"Ich erwarte keinen Frieden"

Siedlerbewegung in den besetzten Gebieten wenig kompromissbereit

Yisrael Medad ist Sprecher des YESHA-Rates (YESHA steht für Judäa, Samaria and Gaza), einer Organisation von Siedlern in den besetzten Gebieten Palästinas. Er selbst lebt seit 1970 in Schilo, einem berüchtigten Zentrum radikaler Siedler. Medad schreibt regelmäßig für Zeitungen und hat seinen eigenen Internetauftritt (myrightword.blogspot.com). Mit ihm sprach für "Neues Deutschland" (ND) Martin Lejeune.

ND: Was erwarten Sie von den Friedensverhandlungen zwischen Abbas und Netanjahu, die heute in Washington beginnen?

Yisrael Medad: Allem voran erwarte ich von den Friedensverhandlungen keinen Frieden.

Warum?

Abgesehen von den großen unlösbaren Problemen wie etwa einem Rückkehrrecht für Palästinenser und dem Status von Jerusalem meine ich, dass die Palästinensische Autonomiebehörde weder bereit noch fähig ist, Israel die Bedingungen für einen Frieden anzubieten, die wir akzeptieren können. Im Moment kann die Palästinensische Autonomiebehörde nicht einmal im Westjordanland für Frieden sorgen. Außerdem hören sie nicht auf, ihren Schulkindern beizubringen, Israel zu hassen, später Widerstandskämpfer gegen Israel werden zu wollen und dass Städte innerhalb Israels zu Palästina gehören würden.

Gerade gibt es dort wieder Unruhen im Jerusalemer Stadtteil Silwan, weil Palästinenser ihres Landes beraubt werden. Will Israel alle Palästinenser aus Jerusalem herausdrängen?

Kein Mensch in Israel, ob Jude, Muslim oder Christ, muss irgendwohin gegen seinen Willen umziehen. 20 Prozent der israelischen Bevölkerung sind arabischer Herkunft und fühlen sich wohl in Israel. Die Bewohner von Umm al-Fachem zum Beispiel, einer rein arabischen Stadt in Israel mit über 45 000 Einwohnern, könnten bleiben, wo sie sind.

Aber es werden doch täglich Palästinenser aus Ostjerusalem vertrieben.

Sie verstehen hier leider etwas grundsätzlich falsch. Sie denken, Jerusalem gehöre zu einem arabischen Land, das die Juden übernommen hätten vor 150 Jahren. Dies ist aber ein jüdisches Land, das von Arabern vor 1300 Jahren besetzt wurde und nun allmählich von uns befreit wird.

Was soll aus den Siedlungen im Westjordanland werden? Sollen die alle bleiben, oder sollen welche evakuiert werden, damit sie dem Frieden nicht im Wege stehen?

Alle jüdischen Gemeinden sollen bleiben. Es gibt keinen Grund, warum ein Jude in Berlin, Hongkong oder London, aber nicht auf dem Gebiet leben können sollte, welches das historische Land Israel ist. Unser heiliges Land Samaria (das besetzte Westjordanland – M L.) zu verlassen, können wir niemals akzeptieren.

Allerdings wäre ein palästinensischer Staat als Flickenteppich nicht überlebensfähig.

Ich bin nicht interessiert an einem palästinensischen Staat. Ich bin nicht für Arrangements, die der Gründung eines palästinensischen Staates dienlich sein könnten. Ich bin aber für Frieden und dafür, allen Arabern so viele Rechte wie möglich einzuräumen – einschließlich Autonomie und dem Recht, ihr Privateigentum zu bewirtschaften.

Gaza und Westjordanland sollten durch einen Korridor miteinander verbunden werden. So stand es 1993 im Oslo-Vertrag.

Gott sei Dank gibt es diesen Korridor nicht, über den Hamas-Aktivisten ungehindert aus Gaza nach Samaria gelangen könnten.

Am Dienstag (31. Aug.) wurden vier Siedler erschossen. Welche Auswirkungen wird dies haben?

Ganz konkrete! Gerade haben wir beschlossen, aus Anlass dieses Verbrechens heute um 18 Uhr mit dem Siedlungsbau fortzufahren. Das Moratorium ist vorbei!

* Aus: Neues Deutschland, 2. September 2010


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