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Israelische Siedlungsgebiete - Brennpunkte der Kämpfe

Seit Oslo hat die Konfiszierung neuen Landes nicht aufgehört

Die israelische Armee hat beschlossen, die palästinensische Kleinstadt Beit Dschallah von der Außenwelt abzuriegeln. Beit Dschallah liegt in der Nähe von Bethlehem, beide Städte stehen unter palästinensischer Kontrolle. Beit Dschallah liegt aber auch in unmittelbarer Nähe der israelischen Siedlung Gilo. Solche Schnittstellen zwischen den palästinensischen Autonomiegebieten und den etwa 160 israelischen Siedlungen mit ihren etwa 170.000 Einwohnern sind zu Brennpunkten geworden, an denen immer wieder Kämpfe zwischen Israelis und Palästinensern entstehen.

So sind die Häuser von Gilo in den vergangenen Tagen unter palästinensischen Beschuss gekommen, der in Beit Dschallah seinen Ursprung hatte. Gilo wurde auf palästinensischem Land gebaut, das die Israelis im Sechs-Tage-Krieg von 1967 eroberten und danach konfiszierten. Die Siedlung liegt südlich von WestJerusalem und hat etwa 30.300 Einwohner. Gilo gehört zu jenem Siedlungsgürtel, mit dem die Israelis Jerusalem, besonders die arabische Altstadt von Jerusalem, vom Westjordanland abtrennen. Zu diesem Gürtel gehört auch die westlich von Gilo gelegene Siedlung Har Choma. Der Bau Har Chomas war unter vehementen Protesten der Palästinenser von der Regierung Benjamin Netanjahus begonnen und unter Ehud Barak fortgesetzt worden. Nach israelischer Ansicht jedoch ist Gilo keine Siedlung, sondern gehört zu Großjerusalem.

Gilo ist auch Teil eines israelischen Planes, nach dem sich Jerusalem (auf konfisziertem palästinensischem Land) über 44 Quadratkilometer von Ramallah im Norden bis Hebron im Süden, von Jericho am Toten Meer bis Beit Schemesch im Westen erstrecken soll. Dieses Großjerusalem würde etwa 30 Prozent des Westjordanlandes umfassen. Innerhalb des heutigen Groß-Jerusalem wohnen schon jetzt 170.000 israelische Siedler. Im November 1995, als Jitzchak Rabin ermordet wurde, waren es erst etwa 110.000.
Von Heiko Flottau
Aus: Süddeutsche Zeitung, 24. Oktober 2000

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